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Landwirtschaft vererben in Österreich - So vererben sie richtig

Bauer im Kuhstall

Wer erbt den Hof? Wie kann man Landwirtschaft vererben in Österreich? Für den Besitzer eines landwirtschaftlichen Betriebs stellt sich im Alter die Frage, wie man einen Hof vererben oder veräußern sollte. 

Meist wird innerhalb der Familie die Landwirtschaft vererbt. Welche gesetzlichen Regelungen trifft das Erbrecht bei der Hofübergabe in der Landwirtschaft? Wie kann man landwirtschaftliche Flächen vererben?

Der folgende Artikel erläutert Ihnen, wie man Landwirtschaft in Österreich vererben kann, was das Erbrecht für einen Bauernhof in Österreich vorsieht und an wen der Hof vererbt werden sollte. In diesem Zusammenhang geht der Beitrag auch kurz auf das Anerbenrecht ein. Für ausführliche Informationen möchten wir Sie jedoch auf unseren Leitartikel Anerbenrecht in Österreich zum Thema hinweisen.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze:

Vererbung landwirtschaftlicher Flächen – wie ist die Rechtslage?

Die richtige Hofübergabe durch Vererbung ist für den Eigentümer und den Übernehmer ein wichtiger Faktor für den zukünftigen Erfolg des landwirtschaftlichen Betriebes. Bei der Übergabe des Betriebes kann der Eigentümer entscheiden, ob der Hof zu Lebzeiten weitergegeben wird, nach gesetzlicher Erbfolge vererbt oder durch testamentarische Vereinbarungen an einen Erben weitergegeben wird. 

Insbesondere bei der vorweggenommenen Erbfolge spielt der Übergabevertrag eine Rolle. Allerdings kann dieser auch Bestimmungen enthalten, die erst im Todesfall gelten sollen. Wie sollte man die Landwirtschaft vererben?

Was ist das Anerbenrecht?

Bei der Erbfolge im landwirtschaftlichen Bereich gibt es Sonderregeln. Das Höferecht oder Anerbenrecht soll gewährleisten, dass ein Landwirtschaftsbetrieb im Todesfall des Eigentümers nicht zerteilt wird, sondern als Einheit durch einen Erben weitergeführt wird. Demnach schützt das Anerbenrecht sogenannte Erbhöfe vor der Zersplitterung durch Erbteilung und Pflichtteilsauszahlungen. 

Der Ertrag dient als Bemessungsgrundlage zur Bewertung des Hofes und für die Berechnung für Pflichtteilsansprüche. Der Verkehrswert des Hofes ist unerheblich. Darüber hinaus ist eine Stundung des Pflichtteils auf 5 Jahre im Anerbenrecht möglich. Damit das Höferecht oder Anerbenrecht angewendet werden kann, muss es sich bei dem Hof um einen sogenannten Erbhof handeln.

Was ist ein Erbhof?

Gemäß Anerbengesetz bezeichnet man Hofstellen, die mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben versehen sind sowie im Eigentum einer natürlichen Person stehen und einen durchschnittlichen Ertrag erzielen, der zur ausreichenden Erhaltung von zwei erwachsenen Personen genügt, als Erbhöfe. Dabei dürfen sie nicht das Zwanzigfache des Durchschnittsertrags übersteigen.

Als landwirtschaftlichen Betrieb bezeichnet man ein Unternehmen, das zur Erwirtschaftung und Verwertung pflanzlicher Bodenerzeugnisse dient oder durch die mit der Bodennutzung verbundenen Tierhaltung tierische Erzeugnisse herstellt. 

Als Hofstelle gelten die erforderlichen Baulichkeiten für den landwirtschaftlichen Betrieb (Wirtschaftsgebäude). Rein forstwirtschaftliche Betriebe gelten nicht als Erbhöfe. Jedoch können gemischte Höfe, die sowohl Landwirtschaft als auch Forstwirtschaft betreiben, als Erbhöfe gelten. 

Bei der Festlegung, ob es sich um einen Erbhof handelt, spielt der prozentuale Anteil der Haupttätigkeit sowie die jeweilige Art der Ausführung eine Rolle.

Was ist ein Erbhof nach Tiroler und Kärntner Anerbenrecht?

In Österreich ist das Anerbenrecht von den Bundesländern geregelt, demnach können unterschiedliche Voraussetzung für einen Erbhof gegeben sein. 

Demnach ist nach Kärntner Erbhöfegesetz ein Erbhof eine Hofstelle, die mit einem mittelgroßen Betrieb versehen ist, dessen Fläche weniger als 5 Hektar beträgt und nicht das 6-fache des Durchschnittsertrag überschreitet, der für die Erhaltung einer fünfköpfigen Familie notwendig ist.  

Nach Tiroler Anerbenrecht werden keine genauen Regelungen getroffen, welche Merkmale für die Begriffsbestimmung „Erbhof“ notwendig sind. Somit gelten bereits obst- und weinbauliche Betriebe sowie andere Sonderformen als Erbhöfe. Doch auch hier gelten rein forstwirtschaftliche Betriebe nicht als Erbhöfe.

Wie kann man einen Erbhof in der Landwirtschaft vererben?

Wird ein Erbhof in der Landwirtschaft vererbt, dann wird ein Anerbe bestimmt, der den Hof übernimmt und einen Übernahmepreis an die Verlassenschaft zahlt. 

Die Pflichtteilsberechtigten erhalten ihre Pflichtteilsquote nicht zum tatsächlichen Wert des Hofes, sondern vom Übernahmepreis. Somit kann sichergestellt werden, dass die Existenz bäuerlicher Betriebe nicht durch Erbteilung und Pflichtteilsansprüche gefährdet ist.

Was geschieht mit Schenkungen beim Vererben eines Hofes?

Kann man landwirtschaftliche Flächen verschenken? Auch beim Vererben eines Hofes sind Schenkungen im Hinblick auf den Pflichtteil zu berücksichtigen. Ein Pflichtteilsberechtigter darf nicht durch Schenkungen zu Lebzeiten des Eigentümers oder dessen Todesfall (z.B. Hofübergabevertrag) um seinen Pflichtteilsanspruch gebracht werden. 

Daher müssen die Schenkungen bei der Pflichtteilsberechnung einkalkuliert werden. Das Erbrecht legt fest, welche Schenkungen zur Erbmasse gerechnet werden müssen, wobei allerdings zwischen Vorausempfängen, Vorschüssen und Schenkungen unterschieden wird.

Alle unentgeltlichen Vermögenstransfers, welche der Erblasser vor seinem Ableben getätigt hat, sind bei der Berechnung zu berücksichtigen. Auch Leistungen, die ein Pflichtteilsberechtigter erhalten hat, sind einzurechnen. Bei Schenkungen an fremde Personen sind diese bei der Pflichtteilsberechnung nur innerhalb von 2 Jahren vor dem Tod des Erblassers relevant.

Hof vererben mit Testament?

Wurde kein Testament hinterlassen, dann gilt die gesetzliche Erbfolge. Gemäß Anerbenrecht wird ein Übernehmer für den Hof ermittelt. Nach der gesetzlichen Erbfolge wird aus mehreren Miterben ein Anerbe für die Übernahme des Hofes gewählt. 

handelt es sich um die nächsten Verwandten des Verstorbenen, die in unterschiedliche Linien unterteilt werden. Der Ehepartner erbt neben den Kindern. Hat der Verstorbene keine Kinder hinterlassen, erbt der Ehepartner neben den Eltern des Verstorbenen. 

Hat der Verstorbene weder Eltern noch Kinder, dann erhält der Ehepartner alles, selbst wenn Geschwister und Großeltern vorhanden sind. Gleichrangige Erben teilen sich die Erbschaft nach Köpfen. Ist ein Erbe verstorben, dann erhalten dessen Nachkommen den entsprechenden Anteil.

Durch ein Testament kann die gesetzliche Erbfolge außer Kraft gesetzt werden und der Verstorbene hat die Möglichkeit andere Vereinbarungen zu treffen. In Österreich kann in allen Bundesländern das Anerbenrecht umgangen werden; lediglich Tirol stellt eine Ausnahme dar.

Belasteten Hof vererben – Muss man den Hof annehmen?

Angenommen man erbt einen Hof mit hohen Belastungen, sodass eventuell ein größeres finanzielles Risiko für den Erben besteht. 

Können die Schulden den Hof gefährden? Bei einer unbedingten Erbantrittserklärung kann dies durchaus der Fall sein, denn diese stellt die bedingungslose Annahme der Erbschaft dar, wodurch der Erbe für alle Schulden des Nachlasses mit seinem gesamten, eigenen Vermögen haftet. 

Letzteres gilt auch für Schulden, deren er sich nicht bewusst ist und die das Erbe übersteigen. Bei einer bedingten Erbantrittserklärung nimmt man die Erbschaft unter der Bedingung an, dass der Erbe nur die Schulden übernimmt, die durch den Nachlass gedeckt sind.

Welche Unterlagen benötigt man, um Landwirtschaft zu vererben?

Für die Übergabe des Hofes werden folgende Unterlagen benötigt:

  • Letztwillige Verfügung des Verstorbenen (Testament, Kodizill usw.)
  • Mit dem Tod zusammenhängende Verträge (z.B. Übergabevertrag auf den Todesfall)
  • Geburtsurkunde, Taufschein, Meldezettel und Staatsbürgerschaftsnachweis
  • Heiratsurkunde, Scheidungsurteil, ev. Sterbeurkunde des Ehegatten bzw. der Ehegattin
  • Unterlagen zum Gehalts- oder Pensionskonto inkl. Kontoauszüge
  • Auflistung der Sparbücher, Wertpapiere und anderer Vermögenswerte (auch Schließfächer)
  • Bausparverträge und Lebensversicherungspolicen
  • Kredit-, Bürgschafts- und Leasingverträge
  • Grundbuchsauszüge, Einheitswertbescheide
  • Bei Waffenbesitz: Waffenpass, Waffenbesitzkarte
  • Unterlagen über Firmenbeteiligungen des Verstorbenen bei selbstständiger Tätigkeit
  • Beleg der Begräbnisrechnung bzw. Kostenvoranschläge für einen Grabstein etc.

Übergabevertrag – Kann man den Hof vererben und bereits zu Lebzeiten weitergeben?

Der Hof kann sowohl zu Lebzeiten weitergegeben werden als auch im Todesfall. Wer die Hofübergabe bereits zu Lebzeiten regeln möchte, sollte einen Übergabevertrag aufsetzen. Dabei ist es wichtig, dass beide Vertragsparteien eine faire Vereinbarung treffen und die Bedürfnisse beider Parteien berücksichtigt werden. 

Zum einen ist den Übergebern ein angemessener Anteil zu geben und zum anderen sollte der Übernehmer, den Betrieb nach eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten bewirtschaften können.

Was regelt der Übergabevertrag?

Der Übergabevertrag regelt im Sinne der vorweggenommenen Erbfolge die Übergabe eines landwirtschaftlichen Hofes oder Betriebes. Der Vertrag definiert den Zustand des Übergabegegenstandes und formuliert dabei auch die Gegenleistungen für die Übergabe. 

Dies kann beispielweise ein eingeräumtes Wohnrecht, Mitbenützungsrechte, Pflegegeld, eine Pflege- und Betreuungsleistung und/oder die Zahlung einer Rente sein.

Ein Übergabevertrag und die vorweggenommene Erbfolge können sinnvoll sein, um das Vermögen zu erhalten sowie eine Aufteilung des Hofes in einer Erbengemeinschaft und mögliche Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Darüber hinaus ist ein Übergabevertrag vorteilhaft, um steuerliche Vorteile zu genießen.

Ob ein Übergabevertrag zu Lebzeiten für Sie eine gute Wahl ist, kann ein Anwalt für Erbrecht für Sie prüfen. Lassen Sie sich ausführlich beraten!

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