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Kollektivvertrag § Inhalte, Branchen & mehr

Der Kollektivvertrag regelt in Österreich die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern innerhalb bestimmter Branchen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Arbeitsverträgen, erfolgen Anpassungen hinsichtlich Lohn und Arbeitszeit nicht aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen, sondern aufgrund von Verhandlungen zwischen den Branchen Vertretern und den Gewerkschaften als Vertretern der Arbeitnehmer. Im nun folgenden Beitrag erfahren Sie mitunter, was ein Kollektivvertrag ist, welche Vorteile dieser bietet und welche Besonderheiten für die unterschiedlichen Branchen ausmacht.
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Das Wichtigste in Kürze

Was ist der Kollektivvertrag in Österreich?

Ein Kollektivvertrag ist ein Arbeitsvertrag, der zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelt wird und die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer in bestimmten Branchen regeln. Dabei geht es um Themen wie Gehälter, Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen, Kündigungsschutz und weitere arbeitsrechtliche Belange. In Österreich ist die Rechtslage für Kollektivverträge in den §§ 97 ff. des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) festgelegt. Die Besonderheit besteht darin, dass er für alle Arbeitnehmerinnen innerhalb einer bestimmten Branche verbindlich ist und auch für Arbeitgeberinnen verpflichtet ist. Die darin festgelegten Regelungen haben Vorrang vor individuellen Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Ein Kollektivvertrag kann für Arbeitnehmerinnen Vorteile wie höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen bieten und schafft für Arbeitgeber Rechtssicherheit.

Welche Vorteile hat ein Kollektivvertrag?

Ein Kollektivvertrag gewährleistet, dass gleiche Standards hinsichtlich der Lohnzahlungen und der Arbeitskonditionen für alle Arbeitnehmer einer Branche herrschen und verhindert, dass die Arbeitnehmer nachteilig gegeneinander ausgespielt werden. Außerdem sorgt ein kollektiver Arbeitsvertrag für ein Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und stellt sicher, dass die gleichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Unternehmen einer Branche bestehen.

Geltungsbereich des Kollektivvertrag

Welcher Vertrag für Ihre Branche gilt, steht im Geltungsbereich des Kollektivvertrages. Hierbei wird meist zwischen fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereichen unterschieden.

  • Fachlicher Geltungsbereich: Branche, für die der Vertrag gilt
  • Räumlicher Geltungsbereich: Bundesländer, für die der Vertrag gilt
  • Persönlicher Geltungsbereich: Personengruppe, für die der Vertrag gilt

Gemäß Arbeitsverfassungsgesetz muss der aktuell gültige Kollektivvertrag im Betrieb zur Einsicht ausliegen. Wo die Geschäftsführung diesen auslegt, können Sie dem gesetzlich vorgeschriebenen Dienstzettel entnehmen. Dem Dienstzettel kann man auch entnehmen, welcher Kollektivvertrag für Ihr Dienstverhältnis gilt.

Kollektivvertrag einsehen
Sollten Sie Gewerkschaftsmitglied sein, dann erhalten Sie ein gedrucktes Formular ihres Kollektivvertrags bei Ihrer Gewerkschaft. Außerdem sind alle Verträge online bei der Wirtschaftskammer Österreich einsehbar.

Wie wird ein Kollektivvertrag abgeschlossen?

Ein Kollektivvertrag wird zwischen den sogenannten kollektivvertragsbefähigten Körperschaften – den Gewerkschaften – und den Arbeitnehmervertretern (Wirtschaftskammer) sowie freiwilligen Arbeitgebern für alle Arbeitnehmer einer Branche ausgehandelt. Der Kollektivvertrag stellt demnach eine Vereinbarung der jeweiligen Vertragsparteien dar, welche die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer einer Branche regelt. Die Verhandlungen müssen zwischen den Vertragspartnern geführt werden, um eine Einigung zu bestimmten Fragestellungen zu erzielen. Erfolgt keine Einigung zu für den Vertrag relevanten Fragen, ist der neue kollektive Arbeitsvertrag noch nicht abgeschlossen. Er ist erst abgeschlossen, wenn eine Einigung zwischen den Verhandlungspartnern stattfindet.

Kann ich zwischen Kollektivverträgen wählen?

Es ist grundsätzlich nicht möglich, zwischen Kollektivverträgen zu wählen. Es ist gesetzlich festgelegt, welcher KV für welchen Arbeitnehmer gilt. Jedes Unternehmen wird von der Wirtschaftskammer Österreich einem Fachverband oder Gremium zugeordnet, welches entscheidet, welcher Kollektivvertrag für das Dienstverhältnis anzuwenden ist. Die Arbeitnehmervertretung hat dabei kein Mitspracherecht und kann nur bei Missbrauch der Regelungen durch den Arbeitgeber durch ein behördliches Verfahren eingreifen.

Inhalte eines Kollektivvertrags

In einem Kollektivvertrag werden wichtige Rechte und Pflichten eines Arbeitsverhältnisses geregelt. Grundsätzlich sind bei kollektiven Arbeitsverträgen vor allem die Arbeits- und Entgeltregelungen (Mindestlöhne, Einstufung, Arbeitszeiten) die zentralen Punkte der Vereinbarungen. Trotzdem regelt der KV zahlreiche weitere Ansprüche, die nicht in Gesetzen stehen und weit über diese hinausgehen. Im Gesetz werden beispielsweise keine Regelungen für Mindestgehälter oder für Urlaubs- und Weihnachtsgeld getroffen; diese Vereinbarungen sind dem Kollektivvertrag vorbehalten und müssen explizit verhandelt werden. Der Vertrag beinhaltet beispielsweise folgende Aspekte:

  • Jährliche Lohnerhöhungen
  • wöchentlichen und täglichen Arbeitszeiten
  • Überstunden, Schichtzulage, Nachtzuschlag, Wochenend- und Feiertagszuschlag
  • Mindestlöhne und -gehälter nach Tätigkeitseinstufungen
  • Einstufung in ein Gehaltsschema
  • dienstzeitabhängige Gehaltsvorrückungen
  • Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration)
  • Anspruch auf Aufwandsentschädigung
  • Arbeitszeitbestimmungen (Wochenendarbeitszeit, Überstunden, Nachtarbeit)
  • Zulagen, Zuschläge für Erschwernis, Gefahren etc.
  • Regelungen zu Dienstreisen mit Diäten und Kilometergeldern
  • Bezahlte Freistellungen bei persönlicher Dienstverhinderung
Kollektiver Mindestlohn
In Österreich gibt es keinen gesetzlich garantierten Mindestlohn, allerdings werden rechtsgültige Mindestlöhne der jeweiligen Branchen von Gewerkschaften ausgehandelt und in Kollektivverträgen festgelegt. Die kollektivvertraglichen Bestimmungen gelten für alle Arbeitnehmer der entsprechenden Branche.

Branchen mit Kollektivverträgen

Die Zugehörigkeit des Kollektivvertrags richtet sich nach der Fachgruppenzugehörigkeit des Arbeitgebers bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Da sich Kollektivverträge auf die jeweiligen Branchen beziehen, können hier große Unterschiede zwischen den einzelnen Verträgen bestehen. Zudem gilt es zu beachten, dass in Österreich über 450 Kollektivverträge für unterschiedliche Branchen und Unternehmen bestehen. Gewerkschaften mit einer hohen Anzahl an Mitgliedern können meist bessere und vorteilhaftere Konditionen aushandeln, da sie eine stärkere Verhandlungsposition einnehmen können.

Kollektivvertrag für die Angestellten im Metallgewerbe

Der Kollektivvertrag für die Angestellten im Metallgewerbe regelt die Arbeitsbedingungen und Löhne für rund 180.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. Für das Jahr 2021 wurden wichtige Vereinbarungen getroffen, wie etwa eine Lohnerhöhung von 1,45% für alle Angestellten im Metallgewerbe. Zusätzlich dazu wurde eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro vereinbart. Weitere wichtige Punkte des Vertrags sind eine Arbeitszeitverkürzung auf 37,5 Stunden pro Woche sowie eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs auf fünf Wochen pro Jahr. Auch das Thema der Karenzzeiten wurde behandelt und eine Anrechnung von Karenzzeiten auf den Urlaubsanspruch vereinbart. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit einer freiwilligen Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich vereinbart.

Kollektivvertrag für die Angestellten im Gastgewerbe

Der Kollektivvertrag für die Angestellten im Gastgewerbe regelt wie alle entsprechenden Vereinbarungen die Arbeitsbedingungen, Entlohnung und soziale Leistungen Arbeitnehmer in der Gastronomiebranche. Für das Kalenderjahr 2021 wurden einige entscheidende Verbesserungen erreicht. So wurde eine Lohnerhöhung von 2,3% vereinbart, die für alle Beschäftigten im Gastgewerbe gilt. Zusätzlich wurde eine Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um 20 Euro pro Monat beschlossen.

Auch hinsichtlich der Arbeitszeitregelungen wurde eine Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten geschaffen. Zudem wurde eine Verkürzung der täglichen Höchstarbeitszeit auf 10 Stunden vereinbart. Weiterhin wurde ein zusätzlicher Urlaubstag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 25 Dienstjahren eingeführt. Darüber hinaus wurde eine Einigung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie erzielt, indem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf eine kürzere Arbeitszeit und auf Teilzeitbeschäftigung erhalten haben.

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Kollektivvertrag für die Angestellten im Handel

Der Kollektivvertrag für alle Angestellten im Handel regelt grundsätzliche Arbeitsbedingungen, die Entlohnung der Dienstnehmer sowie Leistungen zur sozialen Absicherung. Für das Jahr 2021 wurden auch hier entscheidende Vereinbarungen getroffen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. So wurde eine Lohnerhöhung von 1,5% für alle Beschäftigten im Handel vereinbart. Zusätzlich dazu wurde eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro pro Beschäftigtem ausgehandelt.

Bei den Arbeitszeitregelungen wurde eine Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten geschaffen, zudem wurde ein zusätzlicher Urlaubstag für Arbeitnehmer mit 25 Dienstjahren eingeführt. Darüber hinaus wurde eine Einigung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie erzielt, indem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf eine kürzere Arbeitszeit und auf Teilzeitbeschäftigung erhalten haben. Eine weitere wichtige Vereinbarung betrifft die Erhöhung des Mindestlohns im Handel auf 1.700 Euro brutto pro Monat.

Kollektivvertrag für die Angestellten im Baugewerbe

Der Kollektivvertrag für die Angestellten im Baugewerbe regelt die Arbeitsbedingungen, Löhne und Sozialleistungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Baubranche. Für das Jahr 2021 wurden wichtige Vereinbarungen getroffen, um die Arbeitsbedingungen und Löhne der Angestellten im Baugewerbe zu verbessern. So wurde eine Lohnerhöhung von 2,7% für alle Beschäftigten im Baugewerbe vereinbart. Zusätzlich wurde eine Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um 50 Euro pro Monat beschlossen.

Auch das Thema der Arbeitszeitregelungen wurde behandelt und es wurde eine Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten geschaffen. Weiterhin wurde ein zusätzlicher Urlaubstag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 25 Dienstjahren eingeführt. Darüber hinaus wurde eine Einigung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie erzielt, indem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf eine kürzere Arbeitszeit und auf Teilzeitbeschäftigung erhalten haben. Eine weitere wichtige Vereinbarung betrifft die Einführung eines „Bauarbeiter Bonus“ in Höhe von 600 Euro für alle Beschäftigten im Baugewerbe, um die Leistungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während der Corona-Pandemie zu honorieren.

So unterstützt Sie ein Anwalt rund um den Kollektivvertrag

Ein Anwalt kann Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen unterstützen, wenn es um Fragen rund um den Kollektivvertrag geht. Arbeitnehmer können sich von einem Anwalt beraten lassen, um sicherzustellen, dass ihre Rechte im Rahmen des Kollektivvertrags gewahrt werden. Hierbei kann ein Anwalt beispielsweise helfen, einen Arbeitsvertrag auf Einhaltung des Vertrags zu prüfen, Fragen zur Arbeitszeitregelung klären oder bei Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber über eine angemessene Bezahlung verhandeln. Auch bei Problemen wie Kündigung oder Diskriminierung kann ein Anwalt wertvolle Unterstützung bieten.

Arbeitgeber können sich ebenfalls an einen Anwalt wenden, um sicherzustellen, dass sie den Kollektivvertrag korrekt umsetzen und alle relevanten Gesetze und Bestimmungen einhalten. Ein Anwalt kann hierbei beispielsweise bei der Erstellung von Arbeitsverträgen und der Einhaltung von Arbeitszeitregelungen helfen, bei der Abwicklung von Kündigungen beraten oder bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vertreten. Insgesamt kann ein Anwalt dafür sorgen, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber im Rahmen des Kollektivvertrags fair und gerecht behandelt werden und dass ihre Rechte und Pflichten klar definiert sind.

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FAQ: Kollektivvertrag

Ein Kollektivvertrag ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmervertretern, die die Arbeitsbedingungen, Löhne und Sozialleistungen für Beschäftigte in bestimmten Branchen oder Unternehmen regelt. Er soll faire und einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen und die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer schützen.
Ein Arbeitsvertrag ist eine individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die die Arbeitsbedingungen für eine bestimmte Person regelt. Ein Kollektivvertrag hingegen regelt die Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer einer bestimmten Branche oder eines bestimmten Unternehmens und ist für alle bindend.
Welcher Kollektivvertrag für Sie gilt, hängt von Ihrer Branche und Ihrem Arbeitgeber ab. In der Regel ist der Kollektivvertrag auf der Lohnabrechnung oder im Arbeitsvertrag angegeben. Alternativ können Sie sich an Ihre Gewerkschaft oder das Arbeitsamt wenden, um Informationen zu erhalten.
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