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Schmerzengeld Österreich - Wann steht mir Schmerzensgeld zu?

Mann mit Halskrause hat Sparschwein in der Hand

Nach dem österreichischen ABGB ist Schmerzengeld eine Form des Schadenersatzes nach einer Körperverletzung. Dabei zählt das Schmerzensgeld Österreich zum Bereich eines hoch komplexen Schadenersatzrechts beim Schadenersatz wegen Körperverletzung. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, in welchen Angelegenheiten sie rein rechtlich Anspruch auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld hätten. 

In diesem Beitrag wollen wir alle wichtigen Fragen zum Thema Schmerzengeld beantworten und darstellen, wie man Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Hierbei geht es z. B. um Fragen wie: Wie ist Schmerzengeld definiert? Wann habe ich Anspruch auf Schmerzensgeld? Wer zahlt das Schmerzensgeld? Wie bemisst sich die Schmerzensgeld Höhe? Wann verjährt ein Anspruch auf Schmerzensgeld? Ist Schmerzensgeld steuerfrei?

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze:

Was sagt das Gesetz zum Schmerzengeld?

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Österreich (ABGB) definiert zum Thema Schmerzengeld folgendes in § 1325:

„Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten, ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen überdies ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld.“

Dabei ist der Zweck des Schmerzengeldes, erlittene Schmerzempfindungen abzugelten. Dementsprechend gilt dies sowohl für körperliche als auch seelische Schmerzen. Hierbei wird sowohl die die Möglichkeit eines Dauerschadens als auch die Gefahr einer möglichen Verschlechterung berücksichtigt. 

Durch das Schmerzengeld sollen die empfundenen Unlustgefühle entschädigt werden und Erleichterungen sowie Annehmlichkeiten geschaffen werden. Es wird dabei nicht zwischen Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung unterschieden. 

Am häufigsten sind in der Rechtspraxis  heute Fälle von Schadenersatz wegen Verkehrsunfall und Schadenersatz wegen Körperverletzung im Zusammenhang mit Schmerzengeld.

Für welche Schädigungen wird Schmerzengeld gezahlt?

Nach den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Österreich (OHG) wird der Artikel § 1325 ABGB so interpretiert, dass derjenige, der jemand anderen am Körper verletzt, Ersatz leisten muss. Dabei kann es sich um Heilungskosten, einen Verdienstentgang oder ein entsprechendes Schmerzensgeld handeln. Als Körperverletzung wird hierbei jede Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit und Gesundheit verstanden. 

Um die Frage zu klären, wann eine Körperverletzung vorliegt und wie die Schwere der Verletzung zu bewerten ist, werden in einem Streitfall meist medizinische oder psychologische Sachverständige eine Bewertung vornehmen. Grundsätzlich können die Gründe für eine Körperverletzung sehr vielfältig sein, wie z.B. Behandlungsfehler durch Ärzte (Arzthaftung), Unfälle, Schlägerei, Schädigungen vor der Geburt etc. Für einen Ausgleich durch Schmerzengeld kommt dabei sowohl ein Schmerzensgeld Körperverletzung als auch ein Schmerzensgeld psychische Schäden in Frage.

Was genau wird durch Schmerzensgeld erstattet?

Nach dem § 1325 ABGB ist neben dem Ersatz von Heilungskosten und einem Verdienstentgang auch Schmerzensgeld ohne Rücksicht auf den Verschuldungsgrad zu leisten. 

Setzen ist. Dabei ergibt sich nach der herrschen Auffassung, dass bei einer leichten Fahrlässigkeit nur der positive Schaden bei einer Verhinderung der Erwerbstätigkeit zu ersetzen ist. 

Der entgangene Gewinn kann somit nur bei einer groben Fahrlässigkeit bzw. einem groben Verschulden geltend gemacht werden. Zusätzlich soll das Schmerzengeld den ideellen Schaden ersetzen, der meistens bei Körperverletzungen durch körperliche oder seelische Schmerzen entsteht.

Schmerzengeld auch bei seelischen Schäden

Seelische Schmerzen werden auch durch ein entsprechendes Schmerzensgeld psychische Schäden abgegolten. Hierbei unterscheidet man drei verschiedene Schmerzgruppen:

  • Akzessorium zu den Verletzungen: z.B. durch eine Verkrüppelung oder Entstellung, durch eine Fehlgeburt oder auch durch körperliche Einschränkungen (z.B. kein Sport mehr möglich)
  • Ausschließlich neurologische Beschwerden: Hier wird vorausgesetzt, dass eine Krankheitswertigkeit vorliegt, die behandlungsbedürftig ist.

Sonderfälle: Dies kann z.B. Ein Schockschaden sein oder im Falle von Angehörigen auch ein Trauerschaden

Wie bemisst sich die Schmerzensgeld Höhe?

Eine Bemessung des Schmerzengeldes ist in der Praxis immer problematisch und der Gesetzeswortlaut („angemessen“) liefert dabei keine Hilfestellung. 

Deshalb hat die Rechtsprechung in Österreich hierfür als Richtgrößen zum einem die Dauer und Intensität der Schmerzen geschaffen und zum anderen deren Auswirkung auf den gesamten Gesundheitszustand (insb. bei seelischen Schmerzen). Dabei unterscheidet man für die Schmerzensgeld Höhe in Bezug auf die Intensität der Schmerzen in leichte, mittlere und starke Schmerzen.

Ein starker Schmerzzustand liegt demnach vor, wenn das Schmerz- und Krankheitsgefühl den Verletzten so beherrschen, dass er trotz Behandlung nicht vom Schmerzempfinden ablenken kann, sich an nichts mehr erfreuen kann und deshalb tatsächlich ein schwerkranker Mensch ist. 

Bei leichten Schmerzen hingegen gelingt dem Kranken eine Ablenkung und er kann ggf. einer entsprechenden Arbeit nachgehen, obwohl er nicht schmerzfrei ist.

Schmerzgeldtabelle und Tagessätze

Zum Schmerzensgeld Höhe berechnen Österreich hat man sich in der Rechtspraxis Schmerzgeldtabellen entwickelt, die als Orientierung für die Einstufung dienen.

Bei körperlichen Schmerzen werden die Schmerzensgeldzahlungen durch die sogenannte Schmerztabelle des OLG ermittelt. Die Einteilung erfolgt dabei anhand des beschriebenen Grades von Schmerz, also seiner Dauer und der Intensität (leicht, mittel, stark oder qualvoll). Zusätzlich unterscheiden sich die Tagessätze auch je nach Bundesland.

In der Regel werden beim Schmerzensgeld Österreich 2019 für leichte Schmerzen (je nach zuständigem Gericht) rund € 100 pro Tag zugesprochen. Dementsprechend für mittlere Schmerzen € 150,00 bis € 220,00 und für schwere Schmerzen € 200,00 bis € 350,00.  

Jedoch besteht kein Anspruch darauf, einen entsprechenden „Tagessatz“ zu erhalten, sondern das Gericht entscheidet (in der Regel nach Beiziehung eines Sachverständigen) im Einzelfall, welcher Betrag angemessen ist:

Schmerzensgeldtabelle Österreich 2019

Gerichteleichte Schmerzenmittlere Schmerzenstarke Schmerzen
OLG Graz100200300
OLG Innsbruck *100200300
OLG Linzkeine Angaben200300
OLG Wien100200300
LG Eisenstadt100200300
LG Feldkirch100200300
LG ZRS Graz110200300
LG Innsbruck100-110200300
LG Klagenfurt100-110200-220300-330
LG Linz100-120200-240300-360
LG Salzburg100200300
LG St. Pölten100-110200300
LG ZRS Wien100-110200-220300-330
LG Korneuburg100200300
LG Krems100-110200300
LG Leoben110200300
LG Ried im Innkreis100-120200300
LG Steyr100-120250300-350
LG Wels100200300
LG Wr. Neustadt100200300

Wer zahlt Schmerzensgeld bei Körperverletzung und wie beantragt man Schmerzensgeld?

Beweislast des Geschädigten

Grundsätzlich muss der Geschädigte den Beweis erbringen, dass er unverschuldet geschädigt wurde. Dabei muss er das vorsätzliche oder fahrlässige Verschulden des sogenannten Schädigers nachweisen können. Er muss also beweisen, dass es zwischen dem erlittenen Schaden und der Handlung des Schädigers einen direkten oder indirekten kausalen Zusammenhang gibt. Dies gilt nicht nur für den offensichtlichen Schaden, sondern auch für diverse Folgeschäden.

Die Haftpflichtversicherung

Im Normalfall verfügt ein Schädiger über eine Haftpflichtversicherung als Teil seiner Haushaltsversicherung, die auch als Schmerzensgeld Versicherung zuständig ist

Deshalb  ist es der direkteste Weg, sich unmittelbar an den Schädiger zu wenden. Dieser leitet den Zwischenfall an seine Versicherung weiter, um das Schmerzensgeld nicht selbst tragen zu müssen. Um jedoch alles korrekt abzuwickeln, lohnt es sich allerdings, direkt nach dem Zwischenfall einen spezialisierten Rechtsanwalt für Schadenersatzrecht zu konsultieren. Diese Experten sind sehr erfahren im Umgang mit Versicherungen. 

Außerdem können Sie im individuellen Fall am besten einschätzen, ob bei der Forderung von  Schadenersatz und Schmerzensgeld auch evtl. Folgeschäden mit einbezogen werden müssen. 

Die beratende Unterstützung eines auf Experten für Schadenersatzrecht ist in solchen Angelegenheiten also unbedingt ratsam. Ausgewiesene Spezialisten für Schadenersatzrecht in Ihrer Nähe finden Sie schnell und unkompliziert unter anwaltfinden.at.

Schmerzensgeld auf außergerichtlichen Wegen

Ein guter Rechtsanwalt für Schadenersatzrecht wird bestrebt sein, ein außergerichtliches Einvernehmen mit der zuständigen Versicherung zu erreichen und möglichst keine Schadenersatzklage einreichen. Der außergerichtliche Weg ist immer zu bevorzugen, da sich ein etwaiger Gerichtsstreit oftmals über Jahre hinziehen kann. 

Dabei kann es Jahre dauern, bis ein Geschädigter sein rechtmäßiges Schmerzensgeld erhält. Außerdem sind auch die Kosten, die aus einem langjährigen Gerichtsstreit resultieren können, sehr hoch und können auch für den Geschädigten teuer werden, wenn er nur teilweise Recht erhält.

Schadenersatzforderungen nach einem Verkehrsunfall

Sobald bei einem Verkehrsunfall tatsächlich ein Personenschaden entstanden ist, sind neben den Sachschäden eben auch die Körperschäden zu berücksichtigen. 

In solchen Fällen sind körperliche und unfallkausale Schäden zu ermitteln, die finanziell abgegolten werden müssen. Deshalb können zumeist Schadenersatz und Schmerzensgeld eingefordert werden. Solche Kosten sind neben dem Schmerzensgeld unter anderem folgende, für die man einen Schadenersatzanspruch geltend machen kann:

  • Die Heilungskosten
  • Die Behandlungskosten (z.B. Reha oder psychologische Betreuung)
  • Durch den Unfall bedingte medizinische Hilfen (z.B. Gehilfen)
  • Der Verdienstentgang
  • Die Pflegekosten
  • Eventuelle Haushaltshilfekosten
  • Die Transportkosten, die durch den Unfall entstanden sind
  • Die Umbaukosten oder Kosten für den Umzug für ein behindertengerechtes Wohnen, wenn langfristige körperliche Schäden entstehen
  • Die Kleidung, die beim Unfall beschädigt wurde

Evtl. Trauerschäden und Bestattungskosten, sollte bei dem Unfall jemand ums Leben gekommen sein

Verjährung von Ansprüchen auf Schmerzensgeld

Schadenersatzansprüche und damit auch Ansprüche auf Schmerzensgeld muss man nach dem ABGB innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädigergerichtlich geltend gemachtwerden, da sie ansonsten verjähren (§ 1489 ABGB). 

Dabei beginnt die 3-Jahres-Frist also erst zu laufen, wenn der Geschädigte vom Schaden und Schädiger Kenntnis hat. Allerdings tritt 30 Jahre nach Schadenseintritt eine absolute Schadenersatz Verjährung ein.

Für einen künftigen, aber noch nicht konkret vorhersehbaren Schäden kann die Schadenersatz Verjährung durch eine Feststellungsklage (§ 228 ZPO) verhindert werden. Das ist insbesondere von Bedeutung, wenn mit noch nicht näher spezifizierbaren Spätschäden (Schadenersatz bei Verkehrsunfall) zu rechnen ist. 

Die Klage in einem solchen Fall zielt dann darauf ab, dass der Schädiger nicht nur für die bislang bekannten Schadensfolgen einzutreten hat. Zusätzlich muss er auch für alle künftigen mit dem Schadensereignis zusammenhängenden Folgen einstehen.

Ist Schmerzensgeld steuerfrei?

Entschädigungen, die für erlittene Schmerzen gezahlt werden, betreffen die Privatsphäre des Geschädigten und sind damit immer steuerfrei. Hingegen sind Entschädigungen für einen Verdienstentgang immer steuerpflichtig. Für Schmerzensgeld muss deshalb keine Steuer gezahlt werden.

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