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Wie setze ich meine Pflichtteilsansprüche erfolgreich durch? – Tipps zu Höhe, Ablauf & Fristen

Dr. Hugo Haslwanter Kanzlei TeamTelfs

Nicht selten werden Verwandte mit dem Umstand konfrontiert, vom Verstorbenen nicht ausreichend bedacht worden zu sein. Wenn Sie zur näheren Verwandtschaft zählen, steht Ihnen ein sogenannter Pflichtteilsanspruch zu. 

Wie dieser Mindestanteil am Vermögen des Verstorbenen erfolgreich eingefordert werden kann, wie ein Pflichtteilsprozess abläuft und welche Fristen zu beachten sind, erfahren Sie im Interview mit dem Rechtsanwalt und Erbrechtsexperten Dr. Christoph Haslwanter.

anwaltfinden.at: Zunächst einmal einen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen konnten, Herr Dr. Haslwanter. Möchten Sie sich unseren Usern vielleicht kurz vorstellen?

Ich betreibe eine Rechtsanwaltskanzlei in Telfs, die sich auf den Bereich des Zivilrechts spezialisiert hat, dort insbesondere auf Erbrechtsangelegenheiten und Verlassenschaftsabhandlungen. 

anwaltfinden.at: Auf was achten Sie denn in erbrechtlichen Angelegenheiten bei Ihrer Rechtsberatung besonders?

Erbrecht ist eine Materie, die im besonderen Maße persönliche und familiäre Verhältnisse betrifft. Man darf nicht übersehen, dass hinter jedem Erbrechtsfall das Ableben eines Menschen steht. 

Die meisten befinden sich in einer Ausnahmesituation und müssen sich noch zudem mit rechtlichen Problemen befassen. Aus diesem Grund ist mir eine persönliche und verantwortungsbewusste Betreuung sehr wichtig.

anwaltfinden.at: Warum haben Sie sich auf Erbrecht spezialisiert? Was fasziniert Sie an diesem Rechtsgebiet?

Schon zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn war ich mit Erbrechtsfällen konfrontiert. Mich interessieren vor allem die gesellschaftspolitischen Hintergründe. Beispielsweise war es nicht immer selbstverständlich, dass Ehegatten sowie unehelichen Kindern ein Erbteil oder gar ein Pflichtteilsanspruch zusteht. Auch Lebensgefährten fanden lange Zeit keine erbrechtliche Berücksichtigung.

anwaltfinden.at: Warum gibt es eigentlich im Erbrecht so oft Streitigkeiten zwischen den Erben?

Hierfür kann ich zwei Gründe benennen. Einerseits regeln viele Menschen ihre Rechtsnachfolge nicht bereits unter Lebenden. Anderseits gibt es immer mehr Patchwork Familien, wodurch Personen aufeinandertreffen, die nur einen oder gar keinen Elternteil gemeinsam haben. Dieser Umstand erhöht, meiner Erfahrung nach, die Bereitschaft, sich auf Erbrechtsstreitigkeiten einzulassen.

anwaltfinden.at: Wir möchten heute mit Ihnen über Pflichtteilsansprüche sprechen und wie diese durchgesetzt werden können. Um was handelt es sich überhaupt beim Pflichtteil? Was versteht man darunter?

Grundsätzlich kann der Verstorbene noch zu seinen Lebzeiten frei über den Verbleib seines Vermögens entscheiden. Diese Freiheit wird durch den Pflichtteilsanspruch beschränkt. 

Der Gesetzgeber will, dass bestimmten nahen Angehörigen ein Mindestteil am Wert des hinterlassenen Vermögens zukommt. Der Pflichtteilsanspruch wird daher nur dann ein Thema, wenn es ein Testament gibt, das diese nahen Angehörigen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.

anwaltfinden.at: Und wem steht ein Pflichtteil zu?

Die sogenannte Pflichtteilsberechtigung kommt Ehegatten oder eingetragenen Partnern und Nachkommen (Kinder, Kindeskinder etc.) des Verstorbenen zu, also nur sehr nahen Angehörigen, denen schon von Gesetzes wegen ein Erbrecht zusteht.

anwaltfinden.at: Wie hoch ist der Pflichtteil und wie erfolgt die Berechnung?

Die Pflichtteilsquote beträgt die Hälfte dessen, was man als gesetzlicher Erbe erhalten hätte. Berechnungsgrundlage ist jener Wert, der sich aus der Differenz zwischen dem hinterlassenen Vermögen und den hinterlassen Schulden ergibt.

anwaltfinden.at: Welche Fristen müssen bei der Geltendmachung des Pflichtteils beachtet werden?

Der Pflichtteilsanspruch erlischt, wenn man ihn nicht innerhalb von 3 Jahren gerichtlich geltend macht. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem man Kenntnis von der Pflichtteilsberechtigung hat.

anwaltfinden.at: Wie läuft nun die gerichtliche Pflichtteilsdurchsetzung ab?

Die Pflichtteilsklage zählt zu den schwierigsten zivilrechtlichen Klagen. Daher ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt in den meisten Fällen vom Gesetz zwingend vorgeschrieben. Der Rechtsanwalt wird sich die für die Berechnung notwendigen Unterlagen einholen und im Anschluss die Klage bei Gericht einbringen. 

Das Klagebegehren ist auf Zahlung gerichtet. Beim Pflichtteilsanspruch handelt es sich nämlich um einen Geldanspruch, der vom testamentarischen Erbe zu bezahlen ist. Einen Anspruch auf einen konkreten Gegenstand des hinterlassenen Vermögens hat der Pflichtteilsberechtigte nicht. Er kann nur eine Abfindung in Geld fordern.

anwaltfinden.at: Was würde passieren, wenn der Erblasser schon zu Lebzeiten alles verschenkt hat? Gibt es hier rechtliche Möglichkeiten für den gesetzlichen Erben?

Schenkungen unter Lebenden sind sehr wohl zu berücksichtigen, andernfalls könnten Pflichtteilsansprüche sehr leicht vereitelt oder zumindest deutlich geschmälert werden. 

Das Gesetz sieht daher vor, dass Schenkungen bei der Ermittlung der Pflichtteilshöhe so zu behandeln sind, als ob es sie nicht gegeben hat. Dies führt unter Umständen dazu, dass nicht nur gegen den Testamentserben, sondern auch gegen den Beschenkten Klage erhoben werde kann.

anwaltfinden.at: Welche Ratschläge geben Sie Ihren Klienten, wenn es darum geht, den Pflichtteilsanspruch effektiv durchzusetzen?

Da das Pflichtteilsrecht eine komplexe Materie ist, sollte man möglichst rasch anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, wenn man als naher Angehöriger mit einem „ungünstigen“ Testament konfrontiert wird. 

Der Rechtsanwalt kann dann in einem sehr frühen Stadium beginnen, die notwendigen Informationen einzuholen und zunächst versuchen, mit den testamentarischen Erben eine außergerichtliche und daher weniger kostenintensive Lösung zu erzielen. Wenn die 3-Jahres-Frist abzulaufen droht, entsteht Zeitdruck und das Einbringen einer Klage wird unvermeidbar.

anwaltfinden.at: Wie können beim Thema Pflichtteilsanspruch Erbschaftsstreitigkeiten vermieden werden?

Das beste Mittel ist, noch zu Lebzeiten eine Vereinbarung abzuschließen, die alle betroffenen Personen miteinschließt. Dadurch erhält jeder die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge darzulegen. Wenn der Todesfall eingetreten ist, ohne jemals offen und transparent über die Vermögensnachfolge gesprochen zu haben, kann es bei manchen, die sich mehr erhofft haben, zu Enttäuschung und Verbitterung kommen, welche die Fronten sehr schnell verhärten lassen. 

Daher sollte man sich noch unter Lebenden über die eigene Rechtsnachfolge Gedanken machen und mit den nächsten Angehörigen – auch wenn es nicht immer einfach ist – eine Regelung treffen, die alle Interessen berücksichtigt, sodass es für niemanden eine unliebsame Überraschung gibt. Das Beiziehen einer anwaltlichen Beratung wird auch in diesem Fall unumgänglich sein, zumal die Folgen einer solchen Regelung sehr komplex und weitreichend sind.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Rechtsanwalt Dr. Christoph Haslwanter – Ihre rechtliche Stütze im Erbrecht

Sind Sie auf der Suche nach einem kompetenten Rechtsanwalt, der Sie in Ihrer persönlichen Erbrechtsangelegenheit erfolgreich vertritt? Besonders bei der Einforderung und Geltendmachung Ihres gesetzlichen Pflichtteils ist es unumgänglich anwaltliche Unterstützung aufzusuchen. 

Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Christoph Haslwanter steht Ihnen gerne bei Fragen im Rahmen des Erbrechts verlässlich zur Seite. Nehmen Sie Kontakt auf, um im Zuge eines Erstgesprächs Ihr individuelles Anliegen zu besprechen! Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Christoph Haslwanter auf anwaltfinden.at 

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