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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – Was kann ich tun? - Im Interview mit Rechtsanwalt Dr. Christoph Orgler

Kanzlei Dr. Orgler Außenansicht

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist weit verbreitet und kennt viele unterschiedliche Formen. Manchmal ist es eine anzügliche Bemerkung oder ein kurzes Hinterherpfeifen, beim nächsten Mal bereits ein handgreifliches Tun. Wenn Sie Opfer von sexueller Belästigung werden, sollten Sie umgehend Hilfe in Anspruch nehmen! Was nach solch einer Belästigung im Arbeitsumfeld zu tun ist und wo Sie Unterstützung bekommen können, erklärt Ihnen im heutigen Experteninterview Rechtsanwalt Dr. Christoph Orgler, langjähriger Arbeitsrechtsexperte in Graz.  

anwaltfinden.at: Herr Dr. Orgler, können Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang kurz vorstellen?

Ich bin seit April 1993 als selbständiger Rechtsanwalt spezialisiert auf Arbeitsrecht in Graz tätig. Während und nach meinem Studium war ich kurz Assistent am Institut für Zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Graz. Im Anschluss habe ich das Gerichtsjahr und die Konzipientenzeit absolviert. Schon als Konzipient arbeitete ich in einer Kanzlei mit Schwerpunkt Arbeitsrecht.

anwaltfinden.at: Das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein höchst sensibles Thema. Was ist Ihnen bei der Beratung & Betreuung von solchen Fällen besonders wichtig?   

Wichtig ist, dass die betroffene Person im Fall einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz umgehend Hilfe in Anspruch nimmt. Sie soll sich nicht schämen oder sich selbst die Schuld geben – Schuld ist immer die Täterseite. Um zu verhindern, dass es hier zu noch gröberen oder verletzenderen Handlungen kommt, sollte dem gleich zu Beginn entgegengetreten werden.   

anwaltfinden.at: Wann spricht man von sexueller Belästigung?

Die gesetzliche Definition besagt, dass eine sexuelle Belästigung vorliegt, wenn ein der sexuellen Sphären zugehöriges Verhalten gesetzt ist, welches die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt geschaffen wird. So definiert dies § 6 Gleichbehandlungsgesetz.    

anwaltfinden.at: Können Sie aus der Praxis ein paar Beispiele für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nennen?

Als sexuelle Belästigung werden alle Handlungen gesehen, welche die betroffene Person als unangebracht, unerwünscht oder anstößig empfindet und was irgendeinen Bezug zur sexuellen Integrität hat. Das können sexuell konnotierte Witze sein, gewisse starre Blicke, ein Klaps sowie sexuelle Anspielungen bis hin zu handgreiflichen Attacken. 

anwaltfinden.at: Wie sollte man sich im ersten Moment nach einer solchen Situation verhalten?

Man sollte sich klar abgrenzen und ansprechen, dass das Verhalten unerwünscht ist. Noch bevor beim Täter – in Fortsetzung der belästigenden Handlung – womöglich der Eindruck erweckt wird, dass man als Opfer gar nichts dagegen hat. Drücken Sie sich daher klar gegen die Handlung aus, um ihr schnellstmöglich ein Ende zu setzen.

anwaltfinden.at: Was ist im nächsten Schritt zu tun? An wen können sich Betroffene wenden?

Wenn die sexuelle Belästigung von Arbeitskolleg/innen ausgeht, sollte man sich direkt an den/die Arbeitgeber/in wenden. Wenn der/die Arbeitgeber/in selbst belästigt, sollte man sich nach externer Hilfe umsehen.

Das können beispielsweise Betriebsrat, Gleichbehandlungsbeauftragte, Arbeiterkammer oder Rechtsanwält:innen sein. Auch außenstehende Kolleg/innen können ins Vertrauen gezogen werden, um die Situation publik zu machen. Wichtig ist dabei, dass die belästigende Handlung nicht unter den Tisch gekehrt wird!

anwaltfinden.at: Was für rechtliche Folgen hat sexuelle Belästigung?

Schadenersatzansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz können geltend machen, natürlich auch Unterlassungsansprüche und auch Schmerzengeld, wenn die sexuelle Belästigung entsprechend weit gegangen ist.

anwaltfinden.at: Viele haben Angst vor einer Kündigung, wenn sie die Belästigung melden. Stimmt das?

Wer sich wegen einer sexuellen Belästigung beschwert und deshalb gekündigt wird, kann die Kündigung anfechten und sich auf den Schutz des eigens für diesen Fall geschaffenen § 13 Gleichbehandlungsgesetz stützen; das gilt auch für andere Benachteiligungen wegen der Beschwerde. Die Angst ist also unbegründet.

anwaltfinden.at: Entscheidet sich der/die Betroffene dazu, rechtliche Schritte einzuleiten, muss er/sie die sexuelle Belästigung dann beweisen?

Der/Die Betroffene muss sie nur glaubhaft machen! Hier gibt es eine Beweislasterleichterung. Es reicht also, dass die Schilderung der Tat „glaubhaft“, also „wahrscheinlich richtig“ erscheint, was weniger streng als „beweisen“ ist. Der Belästiger muss dann in Folge beweisen, dass es anders oder gar nicht so war.

anwaltfinden.at: Häufig braucht es Jahre, bis Opfer sexueller Belästigung darüber sprechen oder den Täter anzeigen. Was besagt hier die Verjährung?

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Kenntnis von Schädiger, Geschädigtem sowie Schaden. Im Prinzip läuft die Verjährung unmittelbar ab dem Zeitpunkt der sexuellen Belästigung, denn in der Regel ist bekannt, wer der Täter war.

Ich rate daher dazu, sich hier nicht zu lange Zeit zu lassen, um die Verjährungsfrist nicht zu verpassen.

anwaltfinden.at: Ich werde Zeuge von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Wen soll ich darüber informieren? 

Wenn es unmittelbar am Anschluss nach der Belästigung ist, sollte man eingreifen bzw intervenieren, um die Situation aufzuklären. Ansonsten ist es ratsam, mit der betroffenen Person, die belästigt wurde, zu besprechen. Gegen den Willen des Opfers wird ein Einschreiten nicht hilfreich sein. 

anwaltfinden.at: Wie können Sie – als Experte und Rechtsanwalt im Arbeitsrecht – Menschen helfen, sich bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz rechtlich zu wehren?

Letztlich, wenn das Dienstverhältnis aufrecht ist, gehe ich zunächst den Korrespondenzweg, indem ich an den/die Arbeitgeber/in herantrete, den Sachverhalt offenlege und einfordere, dass dies abgestellt wird. Wenn das nichts hilft, müssen die entsprechenden Ansprüche klageweise geltend gemacht werden.

Wichtig ist, dass der Sachverhalt genau erhoben wird! Findet eine sexuelle Belästigung statt, fertige ich einen Aktenvermerk an, um die Beweisbarkeit zu sichern. Es ist oftmals entscheidend, dass kein Beweisnotstand eintritt, damit die Tat glaubwürdig bewiesen wird. Es sollte schlussendlich nicht der Anschein erweckt werden, dass etwas erfunden wäre.  

Sie wurden am Arbeitsplatz belästigt? Arbeitsrechtsexperte Dr. Christoph Orgler unterstützt Sie mit juristischem Rat 

Sobald eine Handlung oder ein gewisses Verhalten am Arbeitsplatz überschritten wird, sollte dies unbedingt ernst genommen werden – sowohl von der Arbeitnehmer- als auch von der Arbeitgeberseite. Die Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Christoph Orgler bietet Ihnen eine umfassende Rechtsberatung, insbesondere in Fragen der sexuellen Belästigung; unabhängig, ob diese am Arbeitsplatz geschieht oder nicht. Sollten Sie daher rechtliche Unterstützung im Arbeitsrecht benötigen, zögern Sie nicht Rechtsanwalt Dr. Orgler zu kontaktieren. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt Dr. Christoph Orgler auf anwaltfinden.at.        

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