anwaltfinden.at: Frau Mag. Gingerl, möchten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?
Mein Name ist Mag. Judith Gingerl. Ich bin selbständige Rechtsanwältin in Wien. Ich habe mich auf Familien- und Erbrecht spezialisiert und berate vornehmlich bei Scheidungen, Obsorge- und Unterhaltsfragen.
anwaltfinden.at: Sie sind unter anderem Rechtsexpertin für Familienrecht: Was macht Ihrer Meinung nach einen herausragenden Familienrechtsanwalt aus?
Ein ganz großer Punkt ist es, sich ausreichend Zeit für die Mandanten zu nehmen, wirklich zuzuhören und auch die psychologischen Komponenten bestmöglich zu erfassen. Das ist auch den Mandanten selbst sehr wichtig. Es sind schließlich persönliche Themen, die meine Mandanten zu mir führen: Es kann sein, dass es um eine Scheidung geht und hier ein Lebensmodell zerbrochen ist. Es geht oft um Kinder und persönliche Beeinträchtigungen, wenn das Kontaktrecht nicht gut funktioniert.
Mein Ziel ist es, eine Lösung zu finden, die nicht eskaliert, sondern deeskaliert und auch im Blick zu behalten, wie das Leben künftig nach diesem Scheidungs- oder Obsorgestreit für alle Beteiligten weitergehen kann.
anwaltfinden.at: Welche Voraussetzungen müssen für eine strittige Scheidung bzw. für das Einbringen einer Scheidungsklage gegeben sein?
Die wichtigste Voraussetzung ist, dass ein Scheidungsgrund besteht. Das bedeutet, dass der Ehepartner ein Verhalten gesetzt hat, das so schwerwiegend ist, dass die Ehe dadurch unheilbar zerrüttet ist. Früher gab es noch zwingende Scheidungsgründe, heute gibt es diese jedoch nicht mehr. Ganz klassisch handelt es sich bei Scheidungsgründen etwa um Ehebruch. Es kann auch sein, dass die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen verletzt wird, weil ein Partner auszieht oder dass sich ein Partner nicht ausreichend am gemeinsamen Leben beteiligt. Solche Dinge müssen schon vorgefallen sein.
Man muss auch bedenken, dass die Scheidungsklage spätestens sechs Monate nach Bekanntwerden des Scheidungsgrundes eingebracht werden muss. Es ist also nicht ewig dafür Zeit und man sollte sich möglichst schnell klar werden, was man mit dem Scheidungsgrund tun möchte. Sobald diese sechs Monate verstreichen, ist dieser verwirkt und es kann damit keine Scheidungsklage mehr begründet werden. Falls ein weiterer Scheidungsgrund gesetzt wird, kann ich diesen zur Unterstützung des Verschuldens des anderen Ehepartners, aber nicht mehr als Grundlage für das Einbringen der Scheidungsklage verwenden.
anwaltfinden.at: Was passiert, nachdem ich Scheidungsklage eingebracht habe? Wie läuft ein strittiges Scheidungsverfahren ab?
Zuerst wird die Scheidungsklage dem Partner zugestellt. Danach wird normalerweise eine Tagsatzung ausgeschrieben. In dieser Tagsatzung wird der Richter versuchen, ob nicht doch eine einvernehmliche Scheidung möglich ist. Es gibt dann meistens mehrere Tagsatzungen, in denen eben an einer einvernehmlichen Scheidung gearbeitet wird. Nur wenn das wirklich nicht funktioniert, wird das strittige Scheidungsverfahren fortgeführt. Hier werden die Parteien vernommen und müssen angeben, wie der jeweils andere Partner zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat. Der beklagte Partner wird weiters befragt, ob er prinzipiell mit der Scheidung einverstanden ist und der Meinung ist, keine Schuld zu tragen oder aber ob er überhaupt keine Scheidung möchte. All das wird in dem Verfahren besprochen. Außerdem können Zeugen gehört und Unterlagen vorgelegt werden. Am Ende sollte der Richter darüber im Bild sein, wer an der Zerrüttung schuld ist.
anwaltfinden.at: Welche Formen von „Verschulden“ gibt es im Schuldausspruch?
Es gibt hier verschiedene Formen: Es kann sein, dass beide ein gleichteiliges Verschulden haben. Das bedeutet, es kann nicht festgestellt werden, dass einer der Partner etwas Schlimmeres gemacht hätte als der andere. Oder einer der Beiden hat das überwiegende Verschulden und der andere nur ein leichtes: Hier muss aber das Verschulden so überwiegend sein, dass es das Verschulden des anderen unwesentlich erscheinen lässt. Dann gibt es noch die Möglichkeit, dass ein Partner das alleinige Verschulden hat. Das ist aber eher selten.
anwaltfinden.at: Wie geht es nach dem Scheidungsurteil weiter? Kann ich gegen das Urteil Einspruch erheben?
Grundsätzlich besteht eine vierwöchige Berufungsfrist, sobald das Urteil zugestellt wird. Dann kann man das Verfahren in die nächste Instanz heben. Das Scheidungsverfahren selbst wird im Bezirksgericht geführt, die Instanz ist anschließend das Landesgericht. Es gibt hier aber schon eine gewisse Einschränkung: Erfahrungsgemäß ist es sehr schwierig, die festgestellten Tatsachen zu bekämpfen. Der Erstrichter hat schließlich festgestellt, wie es in der Ehe gelaufen ist. Die Instanz zieht sich immer auf den Standpunkt zurück, dass dieser das persönliche Bild gehabt hat und daher besser weiß, was das Verschulden war und wie glaubwürdig und ehrlich die Parteien waren. Das ist also eine schwierige Sache. Natürlich können aber auch Verfahrensmängel oder falsche Auslegung von Gesetzen in einer Berufung bekämpft werden.
anwaltfinden.at: Die Scheidung ist rechtskräftig: Kann sich Verschulden auf das Kontaktrecht auswirken?
Prinzipiell hat Verschulden keine Auswirkungen auf das Kontaktrecht. Die Ehescheidung und der Kontakt zu den Kindern sind zwei ganz unterschiedliche Themen. Es kommt aber schon auch darauf an, was der Grund für das Verschulden war. Wenn es um Gewalt in der Ehe ging, wird genau geprüft werden, ob dieser Elternteil allein das Kontaktrecht mit dem Kind wahrnehmen darf. Oder wenn Drogenkonsum das Verschulden war, ist das ebenfalls genauer zu betrachten. Allerdings wird eine Affäre keine Auswirkungen auf das Kontaktrecht haben, weil das nichts mit den Kindern zu tun hat.
anwaltfinden.at: Was kostet mich eine strittige Scheidung? Wie werden die Kosten zwischen Kläger und Beklagten aufgeteilt?
Wenn die strittige Scheidung bis zum Urteil fortgeführt wird, dann wird auch bei diesem ausgesprochen, dass der Schuldtragende am Scheitern der Ehe die Kosten des Scheidungsverfahrens zu tragen hat. Dabei wird der Kostenersatz nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz berechnet und daher gesetzlich determiniert. Die Abrechnung zwischen Mandanten und Anwalt kann innerhalb gewisser Grenzen, jedoch frei vereinbart werden. Häufig wird ein Stundensatz vereinbart, da gerade in Scheidungssachen das Rechtsanwaltstarifgesetz für eine faire Abrechnung des tatsächlichen Aufwandes nicht geeignet ist.
Es kann daher am Ende herauskommen, dass die Abrechnung nach Stundensatz ein deutlich höheres Honorar ergibt, als die Abrechnung nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz. In diesem Fall muss der Mandant die Differenz selbst zahlen. Umgekehrt hat diese Regelung allerdings auch den Vorteil, dass man nicht befürchten muss, mit immensen Kosten belastet zu werden, falls der Ehepartner sich einen besonders teuren Anwalt nimmt.
anwaltfinden.at: Angenommen, es gibt eine außergerichtliche Lösung und kommt gar nicht zu einem Urteil: Wie werden üblicherweise die Kosten aufgeteilt?
Es ist üblich, dass jeder seine Anwaltskosten selbst bezahlt und die gerichtlichen Kosten und Gebühren geteilt werden. Aber selbstverständlich kann in einer einvernehmlichen Lösung alles Mögliche vereinbart werden.
anwaltfinden.at: Frau Mag. Gingerl, wie können Sie mich als Rechtsanwältin im Familienrecht hier unterstützen?
Wenn sich jemand an mich wendet, schlage ich zuerst eine Erstbesprechung vor, in dem ich den Fall genau prüfe. Hierfür nehme ich mir auch sehr viel Zeit. Es kann durchaus vorkommen, dass es ein, zwei oder mehr Stunden dauert, bis alle Aspekte des Falles betrachtet sind. Ich bespreche außerdem mit meinen Mandanten, wie ich unterstützend tätig werden soll: Es kommt vor, dass der Mandant die Sache selbst erledigen möchte und ich ihm lediglich Hinweise gebe, worauf er achten soll. Ansonsten kann ich ihn rechtlich vertreten. Das heißt, ich erstelle Schriftsätze, die nach Absprache mit dem Mandanten dem Gericht zugestellt werden, bin bei sämtlichen Verhandlungen anwesend, befrage den Gegner und achte bei Vergleichsverhandlungen darauf, dass mein Mandant nicht über den Tisch gezogen wird.
Das Besondere an meiner Kanzlei ist, dass wir ein kleines Team sind, das auf individuelle und persönliche Beratung setzt. Meine Mandanten können sich darauf verlassen, dass ich sie bei allen Gerichtsverhandlungen persönlich bestmöglich vertrete und in ihren rechtlichen Belangen unterstütze.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Rechtsanwältin Mag. Judith Gingerl – Ihre fachliche Expertin im Familienrecht
Ob Sie nun Anliegen in einer Ehesache oder betreffend Kontaktrecht haben – Rechtsanwältin Mag. Judith Gingerl bietet Ihnen gerne ein Erstgespräch in ihrer Kanzlei in 1070 Wien an und unterstützt Sie kompetent bei familienrechtlichen Themen. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Judith Gingerl auf anwaltfinden.at