Ein Arbeitsunfall kann schnell passieren. Sei es im Zuge eines ungesicherten Gerüsts oder wenn Maschinen nicht den vorgegebenen Schutzvorschriften zur Genüge entsprechen. Wie gehe ich nach einem Arbeitsunfall vor? Gegenüber wem kann ich meine Schadenersatzansprüche geltend machen und gilt ein Unfall im Homeoffice überhaupt als Arbeitsunfall? Diese und noch weitere spannende Fragen beantwortet Ihnen Rechtsanwältin und Ansprechperson im Arbeitsrecht Dr. Renate Palma.
Unsere Kanzlei ist schwerpunktmäßig unter anderem auch im Arbeitsrecht und Schadenersatzrecht verankert. Besonders ich bin im Arbeitsrecht tätig und dies schon seit dem Jahre 1997. Damals war ich an der Johannes-Kepler-Universität in Linz als Assistentin am Institut für Arbeits- und Sozialrecht tätig, später habe ich meine Ausbildung zur Rechtsanwältin in der Arbeitsrechtabteilung einer großen und renommierten österreichischen Großkanzlei gemacht und seitdem ist einer meiner Schwerpunkte das Arbeitsrecht. Durch diese Spezialisierung kommen sehr viele Mandanten – sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber – auch nach Arbeitsunfällen zu uns.
Eher Vereinfachungsbedarf! Unternehmer sowie Arbeitgeber müssen irrsinnig viele Vorschriften beachten, nicht nur das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, sondern noch zahlreiche weitere Verordnungen, die zu erlassen sind bzw. erlassen wurden. Hierbei ist es schwierig, als Arbeitgeber stets den Überblick zu behalten. Die Aufgabe des Arbeitsinspektors liegt in der Überprüfung des Betriebs. Entdeckt dieser Verstöße gegen die Schutzvorschriften, dann kann das für den Arbeitgeber nicht nur lästig sein, sondern auch teuer werden, da diesem in Folge eine Strafe von der jeweilig zuständigen Bezirkshauptmannschaft droht. Wenn es wegen dieser Verstöße dann auch noch zu Schäden oder Unfällen kommt, ist die Haftung natürlich ebenfalls ein Thema.
Daher wäre es sehr wichtig, die Einsicht oder den Überblick als Arbeitgeber zu haben und hierbei auch auf eine gute Zusammenarbeit mit den Arbeitsinspektoraten zu achten, da diese in diesen Belangen bestens ausgebildet sind. Eine beratende und anleitenden Funktion der Arbeitsinspektoren – die dem Unternehmen aufzeigen, wo noch Nachholbedarf ist oder wo Schutzmaßnahmen noch nicht eingehalten werden – sollte dabei im Vordergrund stehen. Leider haben diese jedoch noch immer eine eher überprüfende Funktion, was sich auf den Arbeitgeber ungünstig auswirken kann, der in den meisten Fällen sein Bestes versucht. Jedoch geht die Tendenz schon in Richtung einer beratenden Funktion mit guter Zusammenarbeit! Es schadet natürlich nicht, dass man hierauf in Zukunft noch mehr Wert legt.
Sehr häufig, denn wo gehobelt wird, fallen Späne! Es kommt laufend vor, dass Arbeitnehmern im Zuge eines Arbeitsunfalles etwas zustößt. Oft ist es jedoch schwierig herauszufinden, welche Ansprüche die Arbeitnehmer haben und wem gegenüber diese einzufordern sind. Viele konsultieren auch keinen Rechtsanwalt, da sie oft darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber die nötigen Meldungen, beispielsweise bei der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), vornimmt. Die Arbeitnehmer finden oftmals erst lange Zeit nach dem Arbeitsunfall heraus, dass sie vielleicht doch mehr hätten verlangen können oder dass ihre Ansprüche nicht wirklich erreicht wurden.
Grundsätzlich sagt man, ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, der im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit entsteht oder vorfällt. Um nur einige Beispiele aus der Praxis zu nennen: Wenn beispielsweise der Lehrling von einem vereisten Dach abgestürzt ist. Eine Arbeiterin, die mit der Hand in eine Kreissäge geraten ist, oder ein anderer Arbeitskollege, der mir mit dem Gabelstapler unabsichtlich über den Fuß fährt.
Hierzu gibt es nicht wirklich einen Unterschied. Vielmehr ist der Wegeunfall eine Art des Arbeitsunfalls; das heißt, er wird zum Arbeitsunfall hinzugezählt. Ein Wegeunfall wäre zum Beispiel ein Unfall, der im direkten Weg zwischen dem Wohnort und der Arbeitsstätte – auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit weg – passiert. Der direkte Weg darf unterbrochen werden, wenn beispielsweise die Kinder von der Schule abgeholt werden, aber nicht, wenn man auf dem Heimweg ins Fitnesscenter fährt. Ein gutes Beispiel wären hier auch noch externe Tätigkeiten bzw. Aufgaben, wenn beispielsweise der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber irgendwo hingeschickt wird, wie etwa zum Notar oder zur Post. Dies wäre auch noch als Wegeunfall anzusehen, der als Arbeitsunfall gilt und auch als solcher behandelt wird.
Es gilt in Österreich ein sogenanntes Dienstgeberhaftungsprivileg. Dadurch, dass der Dienstgeber Unfallversicherungsbeiträge bezahlt, entsteht ein Haftungsausschluss bei bestimmten Verschuldensgraden. Wenn der Arbeitgeber daher nicht vorsätzlich gehandelt hat, haftet gegenüber dem Arbeitnehmer nur die AUVA. Der Arbeitnehmer bekommt dann die Versicherungsleistung (Rente, Arztkosten, Heilbehelfe etc.) von der AUVA bezahlt, aber kein Schmerzengeld! Schmerzengeld kann der Arbeitnehmer auch nicht einfach vom Arbeitgeber verlangen, außer jener hat vorsätzlich den Schaden herbeigeführt. Hierbei wird verlangt, dass der Arbeitgeber den Schaden widerrechtlich mit Wissen und Willen herbeigeführt hat, dass er also wollte, dass sich der Arbeitnehmer verletzt. Dies passiert jedoch in den wenigsten Fällen! Meist liegt nur grobe Fahrlässigkeit vor, wenn beispielsweise die Arbeitsgeräte (Maschinen etc.) nicht den Schutzvorschriften entsprechen, von dieser Tatsache der Arbeitgeber weiß, jedoch nichts unternimmt. In solchen Fällen haftet der Arbeitgeber sehr wohl gegenüber der Versicherung. Die AUVA kann anschließend den finanziellen Aufwand, wie beispielsweise den Krankenhausaufenthalt, beim Arbeitgeber regressieren.
Anders ist es aber, wenn ein Kollege mit einem Hammer einem anderen Kollegen auf den Fuß schlägt. Dann haftet dieser, wie sonst auch im normalen Schadenersatzrecht, für jegliches Verschulden und nicht nur für Vorsatz. Gegen Arbeitskollegen kann ich direkt vorgehen, nur gegenüber dem Arbeitgeber nicht.
Passiert ein Arbeitsunfall zwischen Arbeitskollegen, muss man natürlich immer aufpassen, was die jeweilige Haftpflichtversicherung übernimmt. Unter Umständen sind Arbeitsunfälle von dieser ausgeschlossen und das kann sehr teuer werden!
In erster Linie die AUVA, soweit es Schäden am Körper bzw. der Gesundheit des Arbeitnehmers betrifft! Durch die öffentliche Unfallversicherung der Arbeitnehmer kommt das Dienstgeberhaftungsprivileg zum Tragen, das bedeutet, dass der Arbeitgeber von der Haftung für solche Schäden weitgehend befreit ist. Hat aber vorsätzliches Handeln des Arbeitgebers zum Arbeitsunfall geführt, so haftet dieser auch für den Schaden, der über die Leistungen der AUVA hinausgeht (wie etwa Schmerzengeldansprüche). Hat den Unfall ein Vorarbeiter oder Aufseher verursacht, gilt das gleiche wie beim Arbeitgeber. Diese sind dem Arbeitgeber gleichgestellt.
Zunächst ist es wichtig, den Unfall binnen 5 Tagen bei der AUVA zu melden. Bei tödlichen und schweren Arbeitsunfällen muss der Arbeitgeber unverzüglich das zuständige Arbeitsinspektorat informieren. Ist man selbst der Geschädigte, sollte man natürlich sofort zum Arzt gehen und darauf achten, dass der Unfall dem Arbeitgeber, wenn vorhanden auch dem Betriebsarzt, mitgeteilt wird. Es kann nicht schaden, den Arbeitgeber auch nochmals auf seine Meldepflicht aufmerksam zu machen. Sobald der Arbeitsunfall gemeldet wurde, wird die AUVA von sich aus tätig und der Arbeitnehmer erfährt in Folge von der AUVA, welche Ansprüche er hat; meistens wird dieser aber vorher noch zu medizinischen Gutachtern geschickt!
Sollte er weitere Leistungen wollen, muss er dies innerhalb von 2 Jahren bei der AUVA beantragen. Will er gegenüber dem Arbeitgeber oder einem anderen Kollegen Ersatzansprüche – die nicht das betreffen, was die AUVA leistet – geltend machen, kann er das binnen 3 Jahren ab dem Unfall gerichtlich tun.
Ganz wichtig ist: Gibt es zusätzliche Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber, sollte man sich auf jeden Fall informieren, welche Fristen es hierzu gibt. Möglicherweise gibt es kürzere Fristen, die vertraglich geregelt wurden.
Wenn für das Fahrzeug eine KFZ-Haftpflichtversicherungspflicht besteht, dann haftet der Arbeitgeber im Rahmen dieser Haftpflichtversicherung. Bei KFZ-haftpflichtversicherungspflichtigen Verkehrsmitteln wird daher nicht das Dienstgeberhaftungsprivileg angewendet, sondern die Schadenersatzansprüche werden – wie auch sonst bei einem Verkehrsunfall – durch die Haftpflichtversicherung dieses Verkehrsmittels geltend gemacht. Jedoch nur im Rahmen der Versicherungssumme!
Seit April 2020 wurde im 3. Covid-19-Gesetz ein neuer Zusatz betreffend Arbeitsunfälle eingeführt. Dieser erleichtert die Feststellung, ob nun ein Arbeitsunfall im Homeoffice oder ein Freizeitunfall vorliegt. Ein Unfall im Homeoffice ist dann als Arbeitsunfall anzusehen, wenn der Unfall zeitlich und ursächlich im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit steht.
Vorher galt immer zu überprüfen, ob der Unfall in einem Bereich des Hauses oder der Wohnung passiert ist, welcher nicht hauptsächlich für private Zwecke, sondern vorwiegend für betriebliche Zwecke genutzt wird. Es gab daher Vorfälle, die nicht als Arbeitsunfall gewertet wurden, da die Räumlichkeiten, in denen der Unfall passiert ist, nicht vorwiegend einer betrieblichen Nutzung unterlegen sind. Was in beengten Wohnverhältnissen schnell der Fall ist, wenn ich keinen gesonderten Büroraum zuhause habe und im Wohnzimmer oder gar Schlafzimmer arbeiten muss.
Durch dieses Covid-19-Gesetz ist es nun so, dass nicht mehr unterschieden wird, in welchem Raum der Unfall passiert ist, sondern nur, ob der Unfall zeitlich und ursächlich im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit steht. Natürlich vereinfacht das einiges, weil aufgrund der momentanen Ausnahmesituation viele Menschen auch in beengten Wohnsituationen zu Hause arbeiten müssen.
Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz regelt den Ersatz von Schäden, die der Arbeitnehmer bei Erbringung seiner Arbeitsleistung dem Arbeitgeber oder einem Dritten zufügt.
Ein Beispiel: Ich habe einen Maler bei mir zu Hause und dieser zerbricht eine teure Vase; der Arbeitnehmer hat mir daher einen Schaden verursacht. Da ich einen Vertrag zum Malerbetrieb habe – da ich diesen nun einmal beauftragt habe –, kann ich gegenüber meinem Vertragspartner, dem Arbeitgeber dieses Malers, den Schaden der Vase geltend machen. Ich kann den Schadenersatz jedoch auch direkt vom Arbeitnehmer fordern; anschließend müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgrund des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes intern den Ersatz regeln.
Das Gesetz besagt, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Dritten den gesamten Schaden ersetzen muss. Er hat aber gegenüber seinem Mitarbeiter nur Anspruch auf Schadensersatz bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Bei leichter Fahrlässigkeit gibt es das sogenannte richterliche Mäßigungsrecht. D.h. der Richter kann die Haftung des Arbeitnehmers entsprechend seinem Verschulden mäßigen bzw. ganz erlassen. Bei einer entschuldbaren Fehlleistung des Dienstnehmers entsteht überhaupt kein Regressanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.
Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer direkt gegenüber dem Arbeitgeber etwas kaputt macht, beispielsweise eine Maschine: Bei einer entschuldbaren Fehlleistung hat der Arbeitnehmer überhaupt keine Haftung, bei leichter Fahrlässigkeit kann dies vom Richter gemäßigt werden und bei grober Fahrlässigkeit sowie Vorsatz muss er den Schaden ersetzen.
„Es gilt, stets so schnell wie möglich die Situation vor Ort zum Zeitpunkt des Unfalls zu dokumentieren!“
Als Rechtsanwalt kann ich vor einem Arbeitsunfall bei der präventiven Vermeidung mitwirken, indem ich für den Arbeitgeber schon im Voraus prüfe und ihm mitteile, wo Schutzvorschriften verletzt werden und Gefahr für einen Mitarbeiter droht.
Nach einem Arbeitsunfall kann ich bei der Beweissicherung beratend zur Seite stehen, überprüfen, ob die Meldungen vom Arbeitgeber ordnungsgemäß erstattet wurden und in Erfahrung bringen, ob es möglicherweise schon ein Verwaltungsstrafverfahren gibt, ob die Polizei bereits hierzu Erhebungen gemacht hat oder der Akt schon bei der Staatsanwaltschaft liegt. Diese gesamte Erhebungstätigkeit ist Aufgabe meines anwaltlichen Handelns, denn für Betroffene ist dies in solch einer Situation oftmals schwierig. Im nächsten Schritt überprüfe ich den Sachverhalt aus rechtlicher Sicht dahingehend, welche Ansprüche bestehen und wem gegenüber diese einzufordern sind. Ist dies geklärt, verfasse ich ein Forderungsscheiben an den Haftenden. Sollte es zu keiner außergerichtlichen Einigung kommen, wird üblicherweise eine Klage eingebracht und damit der Gerichtsweg beschritten.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Sind Sie Opfer eines Arbeitsunfalls geworden oder benötigen Sie als Arbeitgeber rechtliche Unterstützung bei der Einhaltung von Schutzvorschriften sowie um bei Arbeitsunfällen mit möglichst wenig finanziellem Schaden auszusteigen? Gerne steht Ihnen Dr. Renate Palma zur Seite, wenn es darum geht, Ansprüche durchzusetzen oder gegen unberechtigte vorzugehen. Kontaktieren Sie die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Renate Palma in Innsbruck für ein klärendes Erstgespräch in Ihrem persönlichen Anliegen. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Renate Palma auf anwaltfinden.at!
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