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WERTSICHERUNGSKLAUSELN IN MIETVERTRÄGEN –OGH UND VfGH SAGEN: SO NICHT!

WERTSICHERUNGSKLAUSELN IN MIETVERTRÄGEN –
OGH UND VfGH SAGEN: SO NICHT!

Aufgrund einer aktuellen VfGH-Entscheidung herrscht sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern große Unsicherheit bezüglich ihrer Mietverträge und der darin enthaltenen Wertsicherungsklauseln. Während Vermieter einer potenziell enormen Rückzahlungswelle entgegenblicken, bietet sich für Mieter die Chance, Mieterhöhungen seit dem Beginn des Mietverhältnisses zurückzufordern. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Möglichkeiten von Mietern und Vermietern.

Der Auslöser für die unsichere Situation war eine OGH-Entscheidung aus dem Jahr 2023, in der der OGH ausgesprochen hat, dass die über Jahrzehnte üblichen Wertsicherungsklauseln sowohl gegen § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG als auch gegen § 6 Abs. 1 Z 5 KSchG verstoßen würden (OGH, 2 Ob 36/23t).

Das bedeutet gleichzeitig eine Entwarnung für alle Mietverhältnisse, auf die das KSchG nicht anwendbar ist. Was bedeutet das konkret?

Das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) gelangt bei Rechtsgeschäften zur Anwendung, bei denen ein Teil Verbraucher und der andere Teil Unternehmer ist. Unternehmer ist dabei jeder, für den das entsprechende Rechtsgeschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört. Ein Unternehmen ist eine auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, egal ob diese auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist oder nicht. Verbraucher ist jeder, der kein Unternehmer nach der obigen Definition ist.

Von der gegenständlichen Thematik sind daher alle Mietverträge ausgenommen, die zwischen zwei Unternehmern oder zwischen zwei Verbrauchern abgeschlossen wurden.

Als ein Unternehmer iSd KSchG wird ein Vermieter nach der Rechtsprechung angesehen, wenn die Beschäftigung von dritten Personen (zum Beispiel Hausbesorger) erfolgt, eine Mehrzahl dauernder Vertragspartner besteht (Mehrzahl von Mietverträgen, die eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert), und sohin die Einschaltung von anderen Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen erforderlich ist und auch längerfristige Vertragsbindungen bestehen. Als annähernde Richtzahl für die Mehrzahl von Vertragspartnern wurde angenommen, dass der private Hauseigentümer (noch) als Verbraucher anzusehen sei, wenn nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden. Allein deshalb, weil sich jemand keiner Hilfspersonen bzw. Erfüllungsgehilfen bedient, ist er aber nicht zwingend als Verbraucher anzusehen. Für den Unternehmerbegriff des KSchG ist auch kein bestimmtes Mindestmaß an geschäftlicher Tätigkeit erforderlich, sondern nur die Regelmäßigkeit und Methodik der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich (z.B. OGH, 7 Ob 19/22b).

Derjenige, der die Eigenschaft als Konsument für sich in Anspruch nehmen will, muss behaupten und nachweisen, dass die Voraussetzungen für diesen Schutz gegeben sind. Die Beweislast dafür, dass die Bewirtschaftung einer Liegenschaft oder von Bestandobjekten keine dauernde Organisation erforderlich macht und sohin ein Privatgeschäft vorliegt, trifft den selbstverwaltenden Eigentümer.

Ist das KSchG anwendbar, geht es – wie oben bereits erwähnt – um § 6 KSchG, der unzulässige Vertragsbestandteile regelt. Die Besonderheit der Entscheidung des OGH zu 2 Ob 36/23t liegt darin, dass § 6 KSchG eigentlich für allgemeine Geschäftsbedingungen, also für standardisierte Vertragsbestandteile, gilt, die der Unternehmer seinen Rechtsgeschäften immer zugrunde legt. Durch die OGH-Entscheidung aus dem Jahr 2023 wurde der Anwendungsbereich für § 6 Abs. 1 Z 5 sowie § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG auch auf Mietverträge erweitert.

In § 6 Abs. 1 Z 5 KSchG werden Klauseln beschrieben, wonach dem Unternehmer ein höheres als bei der Vertragsschließung bestimmtes Entgelt zusteht (Wertsicherungsklauseln). Wertsicherungsklauseln sind nicht grundsätzlich untersagt, sondern müssen für ihre Wirksamkeit so ausgestaltet sein, dass (im Falle von Mietverträgen) die Miete nicht nur steigen, sondern auch sinken kann, und dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt. Erfüllt die Klausel im Mietvertrag diese Voraussetzung (ist beispielsweise eine Indexierung des Mietzinses an einen unabhängigen Index gebunden, der steigen und fallen kann, ohne dass es der Vermieter kontrollieren kann, und sind Alternativen vorgesehen, falls es diesen Index nicht mehr geben sollte), so handelt es sich nach dieser Gesetzesstelle um eine gültige Klausel.

Die in Abs. 2 des § 6 KSchG aufgezählten Klauseln gelten nur, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt wurden und der Unternehmer das auch beweisen kann. Die Z 4 betrifft hierbei erneut Wertsicherungsklauseln, und zwar solche, bei denen bereits innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung für die zu erbringende Leistung des Unternehmers ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht. Wertsicherungsklauseln, wonach innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss die Miete nicht erhöht werden kann, sind nach dieser Bestimmung unproblematisch.

Sowohl § 6 Abs. 1 Z 5 als auch § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG haben dieselbe Rechtsfolge, nämlich dass sie bei einem Verstoß nichtig und somit gegenüber dem Verbraucher nicht anwendbar sind.

Aufgrund der OGH-Entscheidung 2 Ob 36/23t wurde der Anwendungsbereich der obigen Gesetzesstellen auf Mietverträge erstreckt, und die ersten Mieter begannen, die in ihren Mietverträgen enthaltenen Wertsicherungsklauseln bzw. den Anwendungsbereich des KSchG zu prüfen. Die Wertsicherungsklauseln erfüllten die Anforderungen oft nicht, weshalb sie gegenüber Verbrauchern für nichtig erklärt wurden, und die Mieterhöhungen vom Vermieter an die Mieter zurückgezahlt werden mussten.

Nunmehr liegt eine aktuelle Entscheidung des VfGH zu diesem Thema vor (VfGH, G 170/2024-17, G 37- 28/2025-11). Was hat sich dadurch geändert?

Zwei Immobilienunternehmen hatten die Aufhebung des § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG als verfassungswidrig beim VfGH begehrt, weil die Bestimmung unverhältnismäßig und unsachlich sei und dem Gleichheitssatz widersprechen würde. Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde als nicht begründet ab, da die Bestimmung dem öffentlichen Interesse des Verbraucherschutzes dienen würde.
Der VfGH teilte die Bedenken über die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG nicht.

Durch diese Entscheidung hat sich daher nichts geändert. Die Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG ist weiterhin zu beachten. Die Hoffnung der Vermieterseite, Wertsicherungsklauseln würden damit wieder Gültigkeit erlangen, ist gestorben.

Der Status quo bei Wertsicherungsklauseln zwischen Unternehmern und Konsumenten bleibt also:

  • Eine Wertsicherungsklausel ist grundsätzlich zulässig.
  • Eine Wertsicherungsklausel muss so ausgestaltet sein, dass der Mietzins auch sinken kann.
  • Es ist ausdrücklich zu regeln, dass eine Wertsicherung während der ersten beiden Vertragsmonate nicht erfolgt.
  • Die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände müssen im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sein (eindeutiger Bezug auf einen klar definierten Index (z.B. Verbraucherpreisindex 2020) bzw. einen Nachfolgeindex, eindeutige Festlegung der Referenzzeitpunkte).
  • Der Eintritt der Wertsicherung darf nicht vom Willen des Unternehmers abhängen.

Was sind nun die Auswirkungen auf bestehende Mietverhältnisse?

Aufgrund des OGH-Urteils aus dem Jahr 2023 und des aktuellen VfGH-Erkenntnisses sind ein Großteil der Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, die dem KSchG unterliegen, nichtig. Das bedeutet wiederum, dass erfolgte Mietzinserhöhungen unrechtmäßig waren und seitens des Mieters (Konsument) vom Vermieter (Unternehmer) zurückverlangt werden können. Wie lange eine Rückforderung möglich ist, muss seitens der Rechtsprechung (oder auch seitens des Gesetzgebers)
noch abschließend geklärt werden – in der Literatur werden Rückforderungsmöglichkeiten von mindestens drei Jahren bis zu 30 Jahren vertreten.

Sollten Sie sich als Mieter nicht sicher sein, ob eine in Ihrem Mietvertrag enthaltene
Wertsicherungsklausel gültig ist und ob Sie die Mietzinserhöhungen der letzten Jahre zurückfordern können, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Wir unterstützen gerne auch Vermieter bei der Überprüfung der verwendeten Mietverträge. Gerne sind wir auch bei der Erstellung von Wertsicherungsklauseln behilflich, die der aktuellen Rechtsprechung entsprechen.

Artikel verfasst von: Dr. Franz A. Höfer, LL.M. / Matthias Löcker, LL.M.

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