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Wohnungsrückgabe: Wie gehe ich rechtlich richtig vor?

Mag.Michael Medwed Partner Graz

Viele Mieter übersehen, dass die entscheidungswesentlichen Punkte für die Rückgabe einer Wohnung bereits bei Abschluss des Mietvertrages festgesetzt werden. Was bei der Rückstellung einer Wohnung zu beachten ist und welche Stolpersteine vermieden werden können, erklärt Mag. Michael Medwed im folgenden Interview.

anwaltfinden.at: Herr Mag. Medwed, möchten Sie sich unseren Usern vielleicht kurz vorstellen?

Ich bin bereits seit nahezu 25 Jahren eingetragener Rechtsanwalt. Seit einigen Jahren führe ich die Kanzlei gemeinsam mit meinem Kanzleipartner Mag. Johann Sparowitz. Unser Kanzleisitz ist im Zentrum von Graz gelegen. Das Miet- und Wohnrecht ist seit jeher ein Schwerpunkt in unserer Kanzlei.

 

anwaltfinden.at: Sie sind unter anderem Experte im Mietrecht, was denken Sie, ist das Besondere im Bereich des Mietrechts?

 Auf diese Frage werde ich immer wieder auch von Bekannten, aber auch von Kollegen angesprochen. Für viele dieser Personen stellt das Mietrecht eine „trockene“ Materie dar.

Ich entgegne dann immer, dass das Mietrecht „Leben pur“ ist. Hunderttausende Personen in Österreich sind entweder als Vermieter oder als Mieter in diese Materie involviert. Die Miete bzw. das Mietrecht an sich stellen einen elementaren Teil des Lebens dar, unabhängig ob auf Vermieter- oder auf Mieterseite. Abgesehen von rein juristischen Thematiken sind hier auch unzählige zwischenmenschliche Beziehungen im Rahmen des Mietrechtes abzuarbeiten.

In rechtlicher Hinsicht ist das Mietrecht insofern besonders interessant, als es sich um eine Spezialmaterie handelt. Miet- und wohnrechtliche Angelegenheiten fallen in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes. So wie es beispielsweise allgemeine Abteilungen gibt, familienrechtliche Abteilungen, etc., gibt es auch an den Bezirksgerichten eine eigene Abteilung für miet- und wohnrechtliche Angelegenheiten. Aufgrund der Gesetzesflut und der voranschreitenden Spezialisierung ist es in der heutigen Zeit nahezu unmöglich, als Rechtsanwalt sämtliche Rechtsgebiete abzudecken. Es ist sohin erforderlich, sich auf gewisse Teilgebiete zu spezialisieren. In meinem Fall handelt es sich eben hierbei um das Miet- und Wohnrecht.

 

anwaltfinden.at: Was ist bei einer Rückgabe einer Wohnung zu beachten?

 Die meisten Mieter übersehen, dass die entscheidungswesentlichen Punkte für die Rückgabe einer Wohnung bereits bei Abschluss des Mietvertrages festgesetzt werden. Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang, dass bereits bei Abschluss eines Mietvertrages dieser Vertrag vom Mieter durch einen Experten überprüft wird. Viele Mieter scheuen sich vor einer solchen Vertragsüberprüfung durch einen Experten im Mietrecht, aufgrund von damit verbundenen Kosten.

Ich darf dazu anmerken, dass man auch mit Rechtsanwälten eine Pauschale für eine solche Überprüfung vereinbaren kann. Darüber hinaus sollte nicht übersehen werden, dass ein nicht überprüfter Mietvertrag zu Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter führen kann, welche die Kosten einer Mietvertragsüberprüfung bei Weitem übersteigen.

Ich empfehle nachstehende Punkte besonders zu beachten:

a) Ein Mietvertrag ist unbedingt vor dessen Unterfertigung durch einen Spezialisten auf diesem Rechtsgebiet überprüfen zu lassen.

b) Nehmen Sie sich die Zeit, bei Übergabe des Bestandobjektes dieses genau zu begutachten. Am besten ist es, dass anlässlich der Übergabe des Objektes an den Mieter ein Protokoll erstellt wird, in welchem sämtliche vorhandenen Schäden am Objekt festgehalten werden. Ebenso ist es auch sehr ratsam, eine Lichtbilddokumentation über das Bestandsobjekt bei der Übernahme zu erstellen. Damit können Streitigkeiten bei der Rückgabe des Objektes vermieden werden, ob allfällige Schäden schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden waren oder nicht.

c) Auf jeden Fall rate ich meinen Mandanten immer, bei der Rückgabe des Objektes nicht alleine zugegen zu sein, sondern eine zweite Person, als Zeugen beizuziehen. Immer wieder kommt es zu Konstellationen, dass beispielsweise der Vermieter im Beisein einer zweiten Person zur Übergabe eines Bestandobjektes erscheint. Sollte der Mieter ohne einen entsprechenden Zeugen zugegen sein, kann dies zu Problemen insofern führen, dass in weiterer Folge vom Vermieter und dessen Begleitperson mündliche Vereinbarungen behauptet werden, die tatsächlich nicht getroffen wurden. Solche Fälle gibt es zur Genüge in der Rechtsprechung. Für den Mieter, der alleine bei der Übergabe des Objektes zugegen war, ist es dann immer wieder ein Problem, den tatsächlichen Gesprächsablauf darzustellen, wenn auf der anderen Seite 2 Personen das Gegenteil behaupten.

Obige Ausführungen gelten natürlich auch vice versa für Vermieter.

d) Auf jeden Fall ist unmittelbar vor oder bei der Rückgabe das Bestandobjekt lichtbildmäßig festzuhalten. Nach dem Motto „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ kann dann im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen der Zustand zum Zeitpunkt der Übergabe dokumentiert werden.

 

anwaltfinden.at: Was bedeutet „gewöhnliche Abnutzung“?

 Unter dem Begriff der gewöhnlichen Abnützung versteht die Rechtsprechung den Umstand, dass ein Bestandobjekt, auch wenn es noch so pfleglich und sorgsam während der Vertragsdauer benützt wurde, gewisse Abnützungserscheinungen aufweist. Solche Abnützungen sind vom Vermieter zu akzeptieren. Es liegt in der Natur der Sache, das beispielsweise bei der Nutzung einer Wohnung durch eine 4-köpfigen Familie die Malerei an den Wänden nach einer 5-jährigen Bestanddauer nicht mehr dieselbe ist, wie am Anfang.

Nur über die gewöhnliche Abnützung hinausgehende Schäden an der Malerei, wie zum Beispiel Zeichnungen von Kindern an den Wänden, sind von Mietern zu ersetzen. Wandverfärbungen aufgrund von aufgehängten Bildern, eingeschlagenen Nägeln zum Aufhängen von Bildern, etc. fallen unter den Begriff der gewöhnlichen Abnützung und sind sohin vom Vermieter zu akzeptieren.

 

anwaltfinden.at: Wann muss die Übergabe erfolgen?

Endet das Bestandverhältnis bspw. zum 30.06. eines Jahres, so ist spätestens an diesem Tage das Bestandobjekt vom Mieter dem Vermieter zurückzustellen. Die Rückstellung hat zu den ortsüblichen Zeiten zu erfolgen, also nicht um 23.59 Uhr dieses Tages. Sollte ein Vermieter die Rücknahme des Bestandobjektes verweigern, steht dem Mieter zur Abwendung von negativen Folgen die Möglichkeit offen, die Schlüssel gerichtlich zu hinterlegen.

 

anwaltfinden.at: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Fehler betreffend der Wohnungsrückgabe?

 Aus meiner jahrelangen Praxis auf diesem Rechtsgebiet möchte ich wiederholend anführen, dass insbesondere von Seiten der Mieter zu wenig Obacht gelegt wird auf die Vertragsgestaltung wie auch die Dokumentation des Bestandobjektes zum Zeitpunkt der Übergabe. In nahezu sämtlichen Mietverträgen finden sich Bestimmungen, in welcher Form das Bestandobjekt vom Mieter an den Vermieter wieder zurückzustellen ist.

Insbesondere wenn der Mietvertag von einem Rechtsvertreter des Vermieters errichtet wurde, finden sich hierbei oft nachteilige Bestimmungen für den Mieter im Vertrag. Sollte der Mieter diesen Mietvertrag nicht durch einen Experten auf diesem Rechtsgebiet überprüfen haben lassen, finden sich dann bei Rückgabe des Bestandsobjektes oft sehr nachteilige Bestimmungen im Mietvertrag zu Lasten des Mieters.

Ebenso möchte ich auch noch einmal darauf verweisen, dass unbedingt zur Rückgabe des Bestandobjektes vom Mieter aber auch vom Vermieter eine zweite Person, diese muss kein Jurist sein, beizuziehen ist. Dadurch soll insbesondere vermieden werden, dass von der anderen Seite mündliche Vereinbarungen bei der Übergabe behauptet werden, die tatsächlich nie stattgefunden haben.

 

anwaltfinden.at: Was ist bei „getarnten Verzichtserklärungen“ bei einer Rückgabe der Wohnung zu beachten?

 Bei der Rückgabe von Bestandobjekten wird von Vermietern zumeist ein Übergabeprotokoll dem Mieter zur Unterschrift vorgelegt. Ein solches Übergabeprotokoll ist mit besonderer Vorsicht zu betrachten. Manchmal finden sich dann Bestimmungen wie eben solche Verzichtserklärungen des Mieters auf jegliche weiteren Ansprüche, sei es nunmehr in Form der Rückausfolgung der Kaution, sei es in der Möglichkeit, den Mietzins nachträglich überprüfen zu lassen, etc. im Protokoll.

Ich persönlich werde auch immer wieder zur Übergabe von Bestandobjekten beigezogen. Sollten sich in einen von der Gegenseite vorbereiteten Übergabeprotokoll Bestimmungen befinden, die von mir nicht akzeptiert werden, unterschreibe ich dieses Protokoll nicht. Es besteht auch keine gesetzliche Verpflichtung, dies sowohl auf Seiten des Vermieters, als auch auf Seiten des Mieters, ein solches von der Gegenseite erstelltes Protokoll zu unterfertigen.

 

anwaltfinden.at: Was kann der Vermieter auf keinen Fall bei der Rückstellung der Wohnung verlangen?

 Diese Frage kann von mir nicht abschließend beantwortet werden. Ich muss diesbezüglich etwas weiter ausholen. Von besonderer Bedeutung ist es im Mietrecht, ob ein Bestandobjekt dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegt, sich in einem Teilausnahmebereich des MRG befindet, oder überhaupt vom MRG ausgeschlossen ist. Für den Fall, dass ein Bestandobjekt zur Gänze vom MRG ausgenommen ist, gelten die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB).

Das MRG ist mehr oder weniger ein Schutzgesetz zu Gunsten des Mieters. Sollte sich ein Bestandverhältnis jedoch außerhalb des MRG befinden, herrscht prinzipiell Vertragsfreiheit.

Dies bedeutet in der Praxis, dass Schutzvorschriften des MRG gar nicht greifen, sondern die Bestimmungen des ABGB zum Tragen kommen. Im letzteren Fall besteht mehr oder weniger Vertragsfreiheit und können hier Belastungen auf den Mieter überwälzt werden, welche nach dem MRG unzulässig wären. Als Beispiel für Bestandobjekte, die nicht dem MRG unterliegen, darf ich Ein- und Zweifamilienhäuser anführen. Gerade auch unter diesem Aspekt ist es unbedingt erforderlich, dass ein Mietvertrag von einem Mieter vor dessen Unterfertigung von einem Experten auf diesem Gebiet überprüft wird, um so am Ende des Bestandverhältnisses bei Rückgabe des Bestandobjektes nicht unliebsame Überraschungen zu erleben.

Auf keinen Fall kann aber von einem Mieter verlangt werden, dass er nach der Rückgabe des Bestandsobjektes eine schriftliche Erklärung abgibt, dass die Kautionsabrechnung durch den Vermieter anerkannt wird, ansonsten ihm die (restliche) Kaution nicht ausbezahlt würde.

Der Vermieter ist verpflichtet, binnen angemessener Frist (ca. 14 Tage) nach Rückgabe des Bestandobjektes eine Kautionsabrechnung durchzuführen und darf er die Auszahlung des (restlichen) Kautionsbetrages nicht von einem Anerkenntnis des Mieters abhängig machen. Dies gilt für sämtliche Bestandverhältnisse, unabhängig, ob sie dem MRG oder dem ABGB unterliegen.

 

anwaltfinden.at: Haben Sie hilfreiche Tipps für unsere User, wie eine Wohnung bestmöglich und rechtlich korrekt zurückgestellt werden kann?

Ich möchte meine schon zuvor getätigten Ausführungen kurz zusammenfassen wie folgt:

  • unbedingt bei Vertragsabschluss den vorgelegten Mietvertrag überprüfen lassen
  • bereits bei der Übernahme des Bestandobjektes ist ein Protokoll zu erstellen und sind auch Lichtbilder anzufertigen, die den Zustand des Objektes dokumentieren
  • bei der Rückgabe des Bestandobjektes niemals allein zugegen sein
  • auch bei der Rückgabe den Zustand des Objektes möglichst genau (Lichtbilder) festhalten
  • keine Übergabe- oder Übernahmeprotokolle unterfertigen, wenn der Text nicht absolut unverfänglich ist
  • im Falle von Streitigkeiten nach Rückgabe des Bestandobjektes einen Experten aus dem Bereich Miet- und Wohnrecht beiziehen.

 

anwaltfinden.at: Wie können nun Sie, als Experte im Bereich Mietrecht, bei rechtlichen Problemen mit dem Vermieter oder Mieter helfen?

 Meine Kanzlei ist weder eine reine „Vermieter- oder Mieterkanzlei“. Von meiner Kanzlei werden sowohl Vermieter als auch Mieter rechtsfreundlich vertreten, sodass mir die Problemlage von beiden Seiten her sehr bewusst ist. Im Falle von Streitigkeiten nach erfolgter Rückgabe des Bestandobjektes empfehle ich meinen Mandanten primär, eine einvernehmliche Lösung anzustreben.

Eine einvernehmliche Lösung ist aber schon dem Worte nach nur dann möglich, wenn beide Vertragsteile, also Vermieter, wie auch Mieter daran interessiert sind. Sollte es hier zu keinem Konsens kommen, verbleibt nur mehr die Möglichkeit gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch die jahrzehntelange Erfahrung im Bereich des Miet- und Wohnrechtes und dem damit verbundenen Umstand, dass man sich doch im Laufe dieser Jahre „einen Namen“ auf diesem Rechtsgebiet gemacht hat, können in vielen Fällen auch außergerichtliche für den jeweiligen Mandanten zufriedenstellende Lösungen gefunden werden. Sollte dem nicht der Fall sein, sind die jahrzehntelangen Erfahrungen auf diesem Rechtsgebiet vor Gericht absolut zweckdienlich. Abschließend rate ich sowohl Vermietern, als auch Mietern, eine entsprechende Rechtsschutzversicherung abzuschließen, welche Streitigkeiten aus dem Mietrechtsverhältnis, also auch nach erfolgter Rückgabe, umfasst.

Ich stehe in keinerlei Verbindung mit irgendeiner Rechtsschutzversicherung und gebe diesbezüglich auch keine Empfehlungen ab. Für den Fall von Streitigkeiten nach Rückgabe des Bestandobjektes, ob dieses also nunmehr gesetzeskonform zurückgestellt wurde oder nicht, entstehen teilweise nicht unbeträchtliche Kosten. In vielen Fällen muss zur Beurteilung dieser Frage zumindest ein Sachverständiger beigezogen werden. Zieht man die Gerichtskosten, die Anwaltskosten, wie auch allfällige Sachverständigenkosten heran, ergibt sich sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite ein nicht unerhebliches Prozesskostenrisiko. Ein solches kann durch den rechtzeitigen Abschluss einer auf das Bestandverhältnis passenden Rechtsschutzversicherung vorgebeugt werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Ich vertrete Sie zuverlässig in allen Belangen rund um das Mietrecht – Mag. Michael Medwed

 Sie haben weitere Fragen zum Thema Mietvertrag oder benötigen rechtlichen Beistand in Angelegenheiten des Mietrechts? Mag. Michael Medwed berät und vertritt Sie gerne. Für ein persönliches Erstberatungsgespräch kontaktieren Sie die Rechtsanwaltskanzlei in 8010 Graz. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Michael Medwed auf anwaltfinden.at

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