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Tipps und Tricks für Beschuldigte im Ermittlungsverfahren – Interview mit Rechtsanwalt und Strafrechtsexperte Dr. Matthias Cernusca

Besprechungszimmer Dr. Cernusca

Ist man Beschuldigter, wird man zunächst mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert. Bereits hier ist es wichtig, aktiv zu werden und sich mit einem Anwalt für seine Rechte einzusetzen. Warum man als Beschuldigter einen kühlen Kopf bewahren sollte, wie man sich Polizei und Staatsanwaltschaft gegenüber verhalten und was man keinesfalls tun sollte, erklärt Strafrechtsexperte und Rechtsanwalt Dr. Matthias Cernusca im Interview.

anwaltfinden.at: Herr Dr. Cernusca, können Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang unseren Usern kurz vorstellen?

Ich habe an der Universität Wien Jus studiert und war dort auch Assistent im Bereich Strafrecht. Danach habe ich in Deutschland meine Doktorarbeit im Völkerstrafrecht geschrieben und promoviert. Zurück in Wien habe ich meine Anwaltsausbildung gemacht und bei zwei großen Wirtschaftskanzleien gearbeitet, vor allem im Bereich Strafrecht. Vor zwei Jahren habe ich in Klosterneuburg meine eigene Kanzlei gegründet.

 

anwaltfinden.at: Worauf achten Sie im Umgang mit Beschuldigten ganz besonders?

Ich versuche immer, das Beste für den Mandanten oder die Mandantin herauszuholen und schöpfe alle rechtlichen Mittel aus. Wichtig ist es auch, sich nicht alles von den Behörden gefallen zu lassen und das, was rechtlich möglich ist, zu tun.

In einem Strafverfahren beschuldigt zu sein, ist eine Ausnahmesituation. Der Anwalt hat hier auch die Aufgabe, zu beruhigen und den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Natürlich sollte auch nichts beschönigt werden. Als Anwalt erkläre ich den Ablauf des Verfahrens und zeige auf, welche Möglichkeiten Beschuldigte haben, um dagegen rechtlich vorzugehen.

 

anwaltfinden.at: Was bedeuten die Begriffe „Beschuldigter“ und „Ermittlungsverfahren“ genau?

Hier herrscht oft Verwirrung und auch in den Medien schwirren unterschiedliche Begrifflichkeiten herum. Ein Strafverfahren beginnt erst, wenn es einen Anfangsverdacht wird. Dieser liegt dann vor, wenn bestimmte Anhaltspunkte für eine Straftat bestehen. Vorher gibt es auch kein Ermittlungsverfahren, man ist bloß Angezeigter. Gibt es einen Anfangsverdacht, wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Dann ist man Verdächtiger. Beschuldigter wird man, wenn die Verdachtslage genauer wird und es bestimmte Tatsachen gibt, die einen konkreten Verdacht zulassen und Ermittlungshandlungen angeordnet sind. Es gibt also ein Stufensystem, dessen Begriffe jedoch oft verwechselt werden.

Das Ermittlungsverfahren ist der erste Teil des Strafverfahrens. Darauf folgt das Hauptverfahren vor Gericht und dann das Rechtsmittelverfahren. Das Ermittlungsverfahren wird leider oft unterschätzt. Es ist der zentrale Teil des Strafverfahrens, weil hier schon alle Entscheidungsgrundlagen dafür, wie das Strafverfahren enden wird, erarbeitet werden. Im Ermittlungsverfahren entscheidet sich, ob eine Anklage erhoben wird oder ob das Strafverfahren eingestellt wird. Man darf sich hier also nicht ausruhen und im Ermittlungsverfahren untätig sein, weil man denkt, man wird später sowieso freigesprochen. Man muss schon im Ermittlungsverfahren aktiv sein!

 

anwaltfinden.at: Wie läuft ein Ermittlungsverfahren für den Beschuldigten ab?

Normalerweise muss man verständigt werden, dass man Beschuldigter ist. Manchmal wird das auch nicht gemacht, Beschuldigte wissen dann lange Zeit nicht, dass sie als solche geführt werden – das ist rechtswidrig. Meistens wird man durch einen Anruf von der Polizei oder von der Staatsanwaltschaft informiert und zu einer Einvernahme geladen. Ruft die Polizei an und bittet um eine Aussage, ist man sich aber oft nicht bewusst, dass man Beschuldigter ist. Geschieht das, muss man detailliert nachfragen, ob man Beschuldigter oder Zeuge ist.

Danach gibt es eine Einvernahme und weitere Beweisaufnahmen durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft führt das Ermittlungsverfahren, aber sie bedient sich der Polizeibehörden für die faktische Ermittlungstätigkeit. Am Ende steht die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ob sie eine Anklage erhebt oder ob das Verfahren eingestellt wird.

 

anwaltfinden.at: Ich erfahre, dass ich Beschuldigter bin – was sind die ersten Schritte, die ich setzen sollte?

Das Wichtigste ist, nicht in Panik zu verfallen. Beschuldigter ist man heute schnell – z.B. nach einem Autounfall oder nach einer Anzeige wegen eines Nachbarschaftsstreits. Die Polizei führt Personen teilweise auch automatisch als Beschuldigte, wenn sie nicht weiß, ob es sich bei ihnen nur um Zeugen handelt oder sie selbst eine Straftat begangen haben sollen.

Wichtig ist, sich zu informieren, welchen Status man hat; ob man also Beschuldigter ist. Wenn man das weiß, sollte man nicht der Versuchung erliegen, sofort eine Aussage zu machen und alles auf den Tisch zu legen. Man sollte durchschnaufen und Ruhe bewahren. Das Wichtigste ist, den Akt zu kennen und dadurch zu wissen, was vorgeworfen wird. Die Unterlagen kann man von Polizei oder Staatsanwaltschaft anfordern; man hat ein Recht darauf, sie einzusehen.

Der größte Fehler ist, bei der Polizei alles zu erzählen, ohne sich die Unterlagen vorher angesehen und ohne mit einem Anwalt gesprochen zu haben. Das Resultat kann sein, dass Dinge im Protokoll stehen, die man nicht so gemeint hat. Bei der Protokollierung passieren häufig Fehler und Ungenauigkeiten. Hat man einmal eine solche Aussage bei der Polizei getätigt, dann pickt das. Man kann das später nicht mehr revidieren.

Dessen sind sich die Menschen oft nicht bewusst. Weil sie der Überzeugung sind, unschuldig zu sein, denken sie nicht, dass eine solche Aussage Probleme schaffen könnte.

 

anwaltfinden.at: Braucht man als Beschuldigter immer einen Anwalt?

Das Gesetz zwingt Beschuldigte nicht, sich einen Anwalt zu nehmen. Es gibt allerdings manche Situationen, wo es zwingend vorgeschrieben ist – etwa bei Menschen in Untersuchungshaft oder wenn eine kontradiktorische Zeugenvernehmung stattfindet.

Dass es ansonsten keinen Anwalts-Zwang im Ermittlungsverfahren gibt, vereinfacht die Situation für die Polizei. Sie sagt dann z.B. den Beschuldigten, dass sie zwar ein Recht auf einen Anwalt haben, die Situation aber unkompliziert sei und sie keinen bräuchten. Beschuldigte verzichten dann schnell auf einen Anwalt, obwohl es sinnvoll wäre, einen beizuziehen.

Ist man Beschuldigter, ist das eine spezielle Situation, in der viel Negatives passieren kann. Ich empfehle jedenfalls, einen Anwalt beizuziehen.

 

anwaltfinden.at: Besteht vonseiten der Polizei also ein Interesse daran, dass Beschuldigte möglichst schnell ohne Anwalt eine Aussage machen?

Man sollte der Polizei nichts Rechtswidriges oder böse Absichten unterstellen – sie macht ihren Job; und das meistens gut, professionell und rechtskonform. Natürlich haben Strafverfolgungsbehörden aber ein Interesse daran, die Dinge schnell abzuschließen. Es kann dann nervig sein, lange auf einen Anwalt zu warten oder eine Anhörung zu verschieben. So ist es aber im Rechtsstaat – man hat das Recht, sich von einem Anwalt beraten zu lassen und vorher die Akten anzusehen. Darauf muss man bestehen.

 

anwaltfinden.at: Haben Beschuldigte besondere Rechte?

Sie haben das Recht, informiert zu werden, Einsicht in die Akten zu bekommen und einen Verteidiger beizuziehen. Auch gibt es viele Rechtsschutzmöglichkeiten, um sich zu wehren. Man hat die Möglichkeit, einen Einspruch gegen Rechtsverletzungen zu machen, eine Beschwerde zu erheben und einen Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahren zu stellen, wenn man der Ansicht ist, dass das richtig ist.

Das Tolle in Österreich ist, dass man gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen kann, um das Handeln der Strafverfolgungsbehörden überprüfen zu lassen. Das Strafprozess- und Strafrecht ist allerdings sehr komplex. Auch als Anwalt muss man Erfahrung haben, um zu wissen, welche Instrumente man zu welcher Zeit am besten einsetzt. Man muss sich trauen, diese auch einzusetzen, um seine Rechte zu wahren.

 

anwaltfinden.at: Wie sollten sich Beschuldigte der Polizei und Staatsanwaltschaft gegenüber verhalten?

Grundsätzlich sollten sie Respekt zeigen – das sind Beamte, die ihren Job machen. Auch sollten sie mit Selbstbewusstsein auftreten und auf ihre Rechte pochen. Sie sollten auf einen Anwalt bestehen, auch dann, wenn das bei den Behörden nicht so guten Anklang findet.

Wie man die Verteidigungsstrategie weiterführt, hängt vom Fall ab. Es gibt Situationen, in denen es gut ist, zu kooperieren und alles offenzulegen. Es gibt aber auch Situationen, wo die Verteidigung eher auf Konfrontation ausgerichtet ist – das wird Konfliktverteidigung genannt.

 

anwaltfinden.at: Müssen Beschuldigte gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft etwas sagen?

Nein, müssen sie nicht. Das ist der große Unterschied zwischen Zeugen und Beschuldigten: Als Zeuge hat man Wahrheitspflicht und muss die Wahrheit sagen. Als Beschuldigter muss man gar nichts sagen.

Ein wichtiger Hinweis: Auch als Zeuge kann man Probleme bekommen. Manchmal wird man als Zeuge geladen, geht zur Vernehmung und sagt unter Wahrheitspflicht aus. Zwei Wochen später ist man aufgrund dieser Aussage auf einmal Beschuldigter. Wenn man bereits spürt, dass eine Sache unangenehm werden könnte und man von der Strafverfolgungsbehörde später als Beschuldigter geführt werden könnte, ist es wichtig, schon vor der Zeugenaussage zum Anwalt zu gehen. Man kann sich vom Anwalt beraten lassen und ihn auch als Vertrauensperson zur Zeugenaussage mitnehmen. Auch kann man gewisse Antworten verweigern, wenn man sich selbst belasten müsste.

 

anwaltfinden.at: Welche weiteren Tipps haben Sie für Beschuldigte im Ermittlungsverfahren?

Beschuldigte müssen sich mit dem Sachverhalt auseinandersetzen. Ist die Thematik komplexer – beispielsweise in Wirtschaftsstrafsachen – muss man trotzdem die Geduld und Energie aufbringen, sich mit dem vielleicht umfangreichen Akt zu beschäftigen. Man muss hier ins Detail gehen und den Sachverhalt sorgfältig aufarbeiten. Meiner Erfahrung nach sehen die Strafverfolgungsbehörden zuweilen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Man muss ihnen also auch helfen, das Wesentliche herauszuarbeiten. Beschuldigte sollten sich außerdem trauen, Rechtsmittel zu ergreifen und sich nicht alles gefallen lassen, auch, wenn das manchmal unangenehm ist.

 

anwaltfinden.at: Was sollte man als Beschuldigter auf keinen Fall tun?

Wie erwähnt sollte man auf keinen Fall einfach zur Polizei und Staatsanwaltschaft laufen und eine Aussage machen, ohne konkret zu wissen, was vorgeworfen wird und ohne Akteneinsicht genommen zu haben – das ist ein No-Go. Man muss die Strafverfolgungsbehörde um Verständnis bitten, den Akt begutachten und sich mit dem Anwalt beraten.

 

anwaltfinden.at: Wie können Sie – als Strafrechtsanwalt – Beschuldigten im Ermittlungsverfahren helfen?

Meine Aufgabe ist es, den Beschuldigten genau zu skizzieren, wie das Ermittlungsverfahren abläuft. Ich kümmere mich dann darum, dass alles mit rechten Dingen zugeht, der Mandant nicht überrumpelt wird und dass seine Rechtsposition gewahrt bleibt. Ich arbeite mit ihm den Sachverhalt auf, erstelle eine strukturierte Stellungnahme für ihn, ergreife wenn nötig Rechtsmittel und wehre mich gegen Dinge, die aus unserer Sicht falsch laufen. Das Schöne ist, dass der Rechtsstaat in Österreich funktioniert; man muss sich nur trauen, die Rechtsmittel auch zu ergreifen. Das Ziel im Ermittlungsverfahren ist, dass es eingestellt wird – darauf arbeite ich im besten Interesse des Mandanten hin.

 

Ich setze mich mit allen Rechtsmitteln für Sie ein – Strafrechtsanwalt Dr. Matthias Cernusca

Sind Sie Beschuldigter in einem Strafverfahren, haben Sie mit einem Anwalt an Ihrer Seite die besten Chancen. Neben Beschuldigten vertritt und berät Strafrechtsexperte Dr. Matthias Cernusca auch Opfer.  Kontaktieren Sie Ihn für ein Erstgespräch in seiner Kanzlei in 3420 Klosterneuburg. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Matthias Cernusca auf anwaltfinden.at.

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