Im Verlassenschaftsverfahren kommt es häufig zu Streitigkeiten unter den Angehörigen, wenn der Verstorbene keine entsprechenden Regelungen über die Aufteilung seines Nachlasses getroffen hat. Wie man von seiner Testierfreiheit Gebrauch macht, worauf man hierbei achten sollte und wie Ihnen ein Anwalt bei der Nachlassplanung behilflich sein kann, beantwortet Ihnen Mag. Bernd Auer, Rechtsanwalt im Erbrecht.
Sehr gerne, mein Name ist Bernd Auer, ich bin seit 10 Jahren selbstständiger Rechtsanwalt in Innsbruck. Ich beschäftige mich fast ausschließlich mit Familien-, Erb- und Immobilienrecht, weshalb ich in diesen drei Rechtsgebieten eine entsprechende Expertise habe.
Es kommt sehr häufig – sollte der Verstorbene keine Regelung getroffen haben, wie sein Nachlass aufzuteilen ist – zu Streitereien bezüglich der Anrechnung von Leistungen zu Lebzeiten. Oftmals wird unter Geschwistern darüber gestritten, dass einer von ihnen bereits etwas erhalten hat, sei es Geld, eine Ausbildung oder ein Grundstück, beispielsweise Baugrund.
Das ist eigentlich die häufigste Problematik. Diesbezüglich kann man nur die Empfehlung abgeben, dass man das noch zu Lebzeiten regelt, da der Erblasser auf diese Weise ganz klar festlegen kann, wie er es haben möchte.
Unter der Testierfähigkeit versteht man, dass jeder über sein Vermögen selbst entscheiden kann. Man kann verfügen, wer bei Ableben seine Vermögenswerte bekommen soll.
Eingeschränkt wird die Testierfreiheit dadurch, dass in Österreich gewisse Pflichtteilsrechte berücksichtigt werden müssen. Üblicherweise handelt es sich hierbei um Kinder und Ehepartner.
Der in der Praxis häufigste Fall ist durch ein Testament, welches in der Regel sehr leicht zu errichten ist.
Wichtig ist, dass bei einem Testament strenge Formvorschriften zu beachten sind, die auf Punkt und Beistrich einzuhalten sind. Sollten diese Formvorschriften nicht eingehalten werden, dann ist das Testament ungültig und kann angefochten werden. In diesem Fall entfaltet das Testament seine Rechtswirkung nicht und ein anderes Testament oder die gesetzliche Erbfolge kommen zur Anwendung.
Darüber hinaus gibt es noch den Erbvertrag und die Schenkung auf den Todesfall, wobei es sich hierbei jedoch um Anwendungsgebiete handelt, die in der Praxis eher den Ausnahmefall darstellen.
Die Testierfähigkeit bedeutet, dass man ein Testament oder einen Nachlass noch regeln kann. Kritisch ist zum Beispiel, wenn eine ältere Person an Demenz erkrankt ist oder generell eine Erkrankung vorliegt, die den Gebrauch der Vernunft ausschließt oder beeinträchtigt. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob – auch wenn ein formgültiges Testament vorliegen sollte – dieses überhaupt noch erstellt hätte werden dürfen.
Es geht darum festzustellen, ob der Betroffene zu besagtem Zeitpunkt die geistige Fähigkeit hatte, ein Testament zu erstellen.
Wenn von der Testierfreiheit kein Gebrauch gemacht wird, dann kommen die gesetzlichen Regelungen zum Tragen. Es greift die gesetzliche Erbfolge, die im Übrigen auch manchmal vollkommen ausreichend und zutreffend sein kann, wenn man weiß, wie sie genau lautet.
Das kann im Wesentlichen zwei Gründe haben. Zum einen wirtschaftliche Gründe, wenn der Nachlass zum Beispiel verschuldet ist. In einem solchen Fall kann das Erbe ausgeschlagen werden, da niemand verpflichtet ist, irgendwelche Schulden zu erben.
Zum anderen gibt es Einzelfälle, in denen persönliche Gründe vorherrschen. Wenn derjenige beispielsweise sagt, er will von dieser bestimmten Person nichts erben.
Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, ein Erbe anzunehmen. Jeder kann das selbst, nach reiflicher Überlegung, tun oder eben auch nicht. Sollte derjenige sich dazu entscheiden das Erbe nicht anzutreten, dann hat er mit der Erbschaft nichts zu tun. Er erhält weder Werte noch Schulden der Erbschaft.
Das allerwichtigste ist, dass man frühzeitig zu einem Rechtsanwalt geht, um sich darüber beraten zu lassen, wie meine konkrete Situation aussieht. Auf diese Weise erfährt man alle Möglichkeiten, wie man seinen Nachlass regeln kann.
Der Klient kann sich dann selbst entscheiden, ob ein Regelungsbedarf vorhanden ist und wenn ja, welche Variante er wählen möchte und wie er das machen kann.
Im Übrigen ist es so, dass ein Testament, welches in den meisten Fällen gewählt wird, kein großer Aufwand ist. Es kann relativ leicht und kostengünstig errichtet werden. Darüber hinaus ist es jederzeit widerrufbar, man kann es bei Bedarf abändern.
Mittlerweile gibt es auch ein Testamentsregister. Das heißt, Testamente können dort registriert werden, sodass das Originaltestament im Todesfall auffindbar ist. Man muss sich also nicht selbst um die Aufbewahrung des Testaments kümmern, da das Originaltestament im Todesfall zwingend vorzulegen ist.
Herzlichen Dank, dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben!
Sie haben weitere erbrechtliche Fragen oder möchten rechtlichen Rat bei Ihrer Nachlassplanung oder der Erstellung Ihres Testaments einholen? Mag. Bernd Auer unterstützt Sie gerne. Für ein Erstberatungsgespräch kontaktieren Sie die Kanzlei in 6020 Innsbruck. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt und Experte im Erbrecht Mag. Bernd Auer auf anwaltfinden.at.
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