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Stundung von Pflichtteilsansprüchen – was versteht man darunter?

In Österreich garantiert das Pflichtteilsrecht, dass bestimmte nahe Angehörige einen Teil der Verlassenschaft jedenfalls erhalten. Hierbei kann der Pflichtteil auf Anordnung des Verstorbenen oder Verlangen des belasteten Erben gestundet werden. Was unter dem Pflichtteil sowie der Stundung des Pflichtteils genau zu verstehen ist und wann eine solche möglich ist, erklärt Ihnen Dr. Ekkehard Bechtold, Rechtsexperte für Erbrecht, im folgenden Interview.  

anwaltfinden.at: Herr Dr. Bechtold, könnten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?

Mein Name ist Ekkehard Karl Albert Bechtold. Ich habe nach meiner Promotion zum Doktor der Rechte Gerichtspraxis und Konzipientenzeit abgewickelt und bin seit dem Jahr 1984 als selbstständiger Rechtsanwalt in unserer Rechtsanwaltsgesellschaft in Dornbirn am Marktplatz tätig. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte hat sich bei mir eine Spezialisierung, insbesondere im Bereich des Erbrechtes, ergeben.

 

anwaltfinden.at: Sie können auf eine langjährige Erfahrung als Rechtsanwalt für Erbrecht zurückgreifen – was zeichnet, Ihrer Meinung nach, einen guten Rechtsanwalt aus?

Qualitative Arbeit im rechtlichen Bereich – dies gilt natürlich auch für eine Spezialisierung im Erbrecht – erfordert zum einen wirklich gute Kenntnisse der rechtlichen Gegebenheiten. Gerade um sich wirklich vertiefen zu können, geht man in die Spezialisierung. Wichtig ist aber auch ein Bauchgefühl für praktikable, gute Lösungen, da sich jeder Sachverhalt anders darstellt. Schlussendlich ist ebenso sorgfältiges Vorgehen wichtig. Die Sachen sollten immer wieder einmal überdacht werden. Die Lösung, die einem als erste einfällt, ist oft nicht die beste.

 

anwaltfinden.at: Was ist der Pflichtteil?

Als Pflichtteil bezeichnet man diejenige Portion eines Vermögens, die einem bestimmten Kreis von Erben jedenfalls zukommen muss, über die also nicht anderweitig verfügt werden kann. Pflichtteilsberechtigte Personen sind Ehegatten und Kinder.

Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Es wird also geprüft, was würde der pflichtteilsberechtigten Person von Gesetzes Wegen zustehen, wenn kein Testament vorhanden wäre – die Hälfte dieses Anspruches ist der Pflichtteil.

Der gesetzliche Erbteil eines Ehegatten ist, neben Kindern – egal wie viele Kinder – ein Drittel. Also wenn ein Ehegatte und Kinder vorhanden sind, dann erbt der Ehegatte immer ein Drittel. Der Pflichtteil wäre die Hälfte davon, also ein Sechstel. Wenn es beispielsweise zwei Kinder und einen Ehegatten gibt, dann erbt der Ehegatte das gesetzliche Drittel, die Kinder erben den Rest – in diesem Fall jeweils auch ein Drittel – und der Pflichtteil des Kindes wäre hier ein Sechstel.

Es gibt ebenso die Möglichkeit der Pflichtteilsminderung. Ein Erblasser kann im Testament anordnen, dass der Pflichtteil noch einmal auf die Hälfte reduziert wird. Und zwar in den Fällen, wo seit langer Zeit – zehn Jahre ist der Richtwert – keinerlei Kontakt mehr bestand. Hierbei muss der Erblasser jedoch testamentarisch aktiv werden und anordnen, dass der Pflichtteil reduziert werden soll, weil kein Kontakt mehr bestand. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Erblasser selbst schuld ist, dass kein Kontakt bestand.   

     

anwaltfinden.at: Was versteht man unter der Stundung bzw. der Ratenzahlung des Pflichtteils?

Sollte eine pflichtteilsberechtigte Person ihren Pflichtteil nicht bekommen haben – sei es durch Schenkungen unter Lebenden, sei es als Erbe – so ist von den Erben dieser Pflichtteil ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen zu bezahlen. Das Gesetz sieht nunmehr die Möglichkeit vor, dass die Fälligkeit des Pflichtteiles hinausgeschoben werden kann, und zwar im Normalfall bis zu fünf Jahren. Ebenso kann angeordnet werden, dass der Pflichtteilsbetrag nur in Raten zu bezahlen ist. In besonderen Fällen kann eine solche Frist bis auf zehn Jahre verlängert werden, sie kann aber auch vom Gericht verkürzt werden. Hier sind Billigkeitsüberlegungen maßgeblich.

 

anwaltfinden.at: Wann ist eine Stundung des Pflichtteils sinnvoll?

Eine Stundung des Pflichtteiles ist für den Erben vor allem dann sinnvoll, wenn er zur Aufbringung der Pflichtteilssummen wichtige Vermögensbestandteile mit Zeitdruck verkaufen oder ein Unternehmen zerschlagen müsste. Durch die Stundung des Pflichtteiles gewinnt man Zeit, die erforderlichen Mittel anderweitig und ohne Verlust aufzutreiben.

 

anwaltfinden.at: Wer kann eine Stundung des Pflichtteils beantragen und wie muss man hierbei vorgehen?

Die Stundung kann entweder der Erblasser im Testament anordnen oder aber der Pflichtteilsberechtigte im Pflichtteilsprozess beantragen. Natürlich besteht die wünschenswerte Möglichkeit, dass sich Erbe und pflichtteilsberechtigte Personen diesbezüglich einigen, sodass es eines Gerichtsverfahrens wegen der Stundung gar nicht bedarf.

Sollte der Erblasser eine Stundung im Testament anordnen, muss, neben der Einhaltung der allgemeinen Formvorschriften eines solchen, klar formuliert werden, dass er das auch möchte. Es sollte also unmissverständlich klar sein. Bei fremdhändigen Testamenten, bei denen ein Anwalt mitarbeitet, wird jedenfalls Sorge getragen, dass der Wunsch entsprechend formuliert wird. 

 

anwaltfinden.at: Kann der Pflichtteilsberechtigte trotz Stundung eine frühere Zahlung verlangen?

Der Pflichtteilsberechtigte kann, wenn eine Stundung im Testament angeordnet wurde, eine frühere Zahlung fordern, wenn den Pflichtteilsberechtigten die Hinausschiebung der Zahlung „unbillig hart träfe“, wie dies das Gesetz nennt. Auch in diesem Falle hat das Gericht über die Frist und ihre allfällige Neubemessung zu entscheiden.

 

anwaltfinden.at: Kann der Zeitraum für die Stundung verlängert werden?

Der Zeitraum der Stundung kann bis höchstens zehn Jahre ab dem Tod des Erblassers verlängert werden. Übrigens kann das Gericht, wenn sich nach einer solchen Stundung die Verhältnisse ändern, auch die Stundungsvereinbarung wieder abändern, damit den jeweiligen Gegebenheiten eben Rechnung getragen werden kann. 

 

anwaltfinden.at: Fallen bei der Stundung des Pflichtteils Zinsen an, die berücksichtigt werden müssen?

In der Zeit zwischen dem Ableben des Erblassers und der tatsächlichen Zahlung des Pflichtteilsbetrages ist der offene Betrag mit 4 % pro Jahr zu verzinsen. Eine Wertsicherung ist allerdings nicht angeordnet.

 

anwaltfinden.at: Wie können nun Sie, als Anwalt für Erbrecht, bei der Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen behilflich sein?

Die Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen gehört zu den hauptsächlichen Problemstellungen im täglichen Leben des Rechtsanwaltes, der sich mit Erbrecht befasst. Dies rührt daher, dass für die Ermittlung des Pflichtteiles auch Schenkungen unter Lebenden bedeutsam sind, sodass sich Pflichtteilsverletzungen in der Praxis recht häufig zeigen. Im Zuge der Testamentserrichtung – auch das gehört natürlich zu den Tätigkeiten des Anwaltes in Erbrechtssachen – ist Augenmerk daraufzulegen, dass durch entsprechende Anordnungen Probleme mit Pflichtteilen vermieden werden.

 

Vielen Dank, dass Sie sich für die Beantwortung der Fragen Zeit genommen haben!

 

Ich unterstütze Sie zuverlässig in Ihren Anliegen im Erbrecht – Dr. Ekkehard Bechtold

 

Sie haben weitere Fragen zu dem Thema Pflichtteil bzw. zu erbrechtlichen Angelegenheiten oder benötigen rechtlichen Beistand bei der Durchsetzung Ihrer Pflichtteilsansprüche? Rechtsanwalt und Experte im Erbrecht, Dr. Ekkehard Bechtold, berät und vertritt Sie gerne. Vertrauen Sie auf seine Expertise und kontaktieren Sie die Anwaltskanzlei in 6850 Dornbirn. Für nähere Informationen sowie Kontaktdaten besuchen Sie das Profil von Dr. Ekkehard Bechtold auf anwaltfinden.at.

 

 

 

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