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Rechtsirrtümer im Suchtmittelrecht: Was ist (nicht) erlaubt? Experteninterview mit Rechtsanwalt Mag. Daniel Strauss

Kanzlei Mag. Strauss

Der Umgang mit Suchtmitteln sowie psychotropen Stoffen wird in Österreich im Suchtmittelgesetz (SMG) geregelt. Immer wieder stellt sich jedoch dieselbe Frage: Darf man ein paar Gramm zum Eigenkonsum besitzen oder nicht? Wird Cannabis in Österreich legalisiert? Und mit welchen Strafen muss man rechnen, wenn man Suchtgift konsumiert und/oder besitzt? Im heutigen Experteninterview klärt Suchtmittelrechtsexperte Rechtsanwalt Mag. Daniel Strauss einige Rechtsirrtümer rund um das Thema Suchtmittelgesetz, Grenzmengen & Co.  

anwaltfinden.at: Herr Mag. Strauss, können Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang kurz vorstellen?  

Ich bin ein ausschließlich auf Strafrecht spezialisierter Rechtsanwalt in Wien. Das Suchtmittelrecht bildet einen besonderen Beratungsschwerpunkt meiner Praxis. Bevor ich mich als Anwalt selbständig gemacht habe, war ich unter anderem in einer bekannten Wiener Strafrechtskanzlei sowie in einer der größten österreichischen Anwaltskanzleien tätig.

anwaltfinden.at: Vorab die wohl wichtigste Frage: Ist der Konsum von Suchtmitteln strafbar?

Strafbar ist der Erwerb, der Besitz, die Erzeugung, die Beförderung, die Ein- und Ausfuhr sowie das Anbieten und Überlassen von Suchtgift. Der Konsum selbst ist laut Gesetzeswortlaut grundsätzlich nicht strafbar. Allerdings ist es schwer etwas zu konsumieren, dass man nicht zumindest (kurzfristig) besitzt.  

Suchtmittel ist übrigens jeder Wirkstoff, der unter die Suchtmittelverordnung bzw. die psychotrope Verordnung fällt. Für andere Substanzen, wie insbesondere sogenannte „Research Chemicals“ gibt es noch das „Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz“. Wenn ich eine Substanz konsumiere, die nicht in diesen Gesetzen geregelt ist, wie beispielsweise einen psychoaktiven Giftfrosch oder diverse Pilzsorten mit psychoaktiver Wirkung, ist das auch nicht strafbar.   

anwaltfinden.at: Gibt es eine legale Menge an Drogen, die ich besitzen darf?

Nein. Schon bei kleinsten Mengen fällt man unter das Regime des Suchtmittelgesetzes. Erfordernis für eine Strafbarkeit ist allerdings, dass es sich um einen vorschriftswidrigen Umgang von Suchtmitteln handelt. Eine ärztlich verschriebene Substitutionsbehandlung (Methadon etc.) etwa ist nicht vorschriftswidrig und sohin auch nicht strafbar.

anwaltfinden.at: Macht es strafrechtlich einen Unterschied, ob ich beispielsweise 10 Gramm oder 50 Gramm Cannabis besitze?

Jein. Grundsätzlich macht die Menge einen großen Unterschied. Das Überschreiten von sogenannten „Grenzmengen“ wirkt strafverschärfend. Diese sind in einer Verordnung festgelegt und spiegeln auch die Gefährlichkeit einer Droge wider. Bei Cannabis zum Beispiel ist die Grenzmenge deutlich höher angesetzt wie bei Heroin, da Heroin nun einmal viel gefährlicher ist.

Strengere Strafen gibt es, wenn die Grenzmenge überschritten bzw. 15- oder 25-mal überschritten wird. Wird die Grenzmenge etwa mehr als 25-mal überschritten, wird auch der bloße Beisitz automatisch zu „Suchtgifthandel“ und mit bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Die Grenzmenge versteht sich dabei immer auf die Reinsubstanz bezogen.

Ob 10 oder 50 Gramm Cannabis macht im konkreten Fall jedoch wenig Unterschied. Die Grenzmenge bei THC beträgt 40 Gramm Reinsubstanz, das wären bei üblicher Straßenqualität ca. 500 Gramm.  

anwaltfinden.at: Was passiert, wenn man mit einer „persönlichen Bedarfsmenge“ erwischt wird? Und darf man mich überhaupt einfach aufhalten und durchsuchen? 

Wird die Grenzmenge nicht überschritten, ist die Staatsanwaltschaft grundsätzlich verpflichtet, das Strafverfahren einzustellen, wenn die Tathandlung ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen wurde, ohne dass man daraus einen (finanziellen) Vorteil gezogen hat. In der Regel wird die Grenzmenge nicht überschritten, da es sich um Eigenbedarf handelt. Hier wird also nicht viel passieren und das Verfahren wird eingestellt.

Die Polizei darf jemanden aufhalten, um die Identität zu überprüfen. Liegen gewisse Verdachtsmomente vor – etwa, die Vermutung, dass man Suchtgift bei sich haben können – ist die Polizei auch berechtigt, die Person zu durchsuchen. 

anwaltfinden.at: Was erwartet mich strafrechtlich, wenn ich wegen Suchtmittelbesitz angezeigt und/oder verurteilt werde?

Bei kleineren Mengen Suchtgift zum Eigenbedarf sind die Konsequenzen in der Regel überschaubar. Das Verfahren wird hier in den meisten Fällen eingestellt. Bei größeren Mengen, insbesondere bei „harten“ Drogen, sind unbedingte Freiheitsstrafen durchaus möglich. 

Eine Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz kann sich auch negativ auf andere Gebiete außerhalb des Strafrechtes auswirken. So kann eine Verurteilung unter anderem zum Amtsverlust eines Beamten, zum Verlust des Reisepasses, der Gewerbeberechtigung oder der Waffenbesitzkarte führen. 

anwaltfinden.at: Wird das Prinzip „Therapie statt Strafe“ immer im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten angewandt?

Das Prinzip „Therapie statt Strafe“ kommt speziell dann zum Tragen, wenn der Beschuldigte an Suchtmittel gewöhnt ist. 

Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf ein Strafverfahren bzw. das Gericht stellt das Strafverfahren vorläufig ein, wenn es sich eben um geringere Menge für den Eigenbedarf handelt (Therapie statt Strafe).   

Ein weiteres Instrument, in dem das Prinzip „Therapie statt Strafe“ zum Ausdruck kommt, ist der Aufschub des Strafvollzuges, um sich einer notwendigen Therapiemaßnahme zu unterziehen. Ist diese Therapiemaßnahme erfolgreich, wird im Anschluss endgültig von der Strafe abgesehen (Therapie statt Strafvollzug).

anwaltfinden.at: Was passiert bei einer Drogenbestellung im Darknet?

Ausgangslage: Jemand bestellt kleinere Mengen von Suchtgift im Darknet und diese werden vom Zoll aufgefangen. Hier bekommt man in der Regel ein Schreiben von der Polizei. Wenn man verneint, dass man das Suchtgift bestellt hat, wird das Verfahren grundsätzlich eingestellt. Hat man es tatsächlich bestellt, wird es in der Regel ein Ermittlungsverfahren geben.

anwaltfinden.at: Hat es Auswirkungen auf meinen Führerschein, wenn ich mit Drogen erwischt werde? 

Das Lenken eines Fahrzeuges unter Suchtmitteleinfluss ist mit einer Verwaltungsstrafe zwischen EUR 800 und EUR 3.700 bedroht. Aber auch sonst kann eine Verurteilung wegen eines Suchtmitteldeliktes negative Auswirkungen auf den Führerschein haben und sich negativ auf die „Verkehrszuverlässigkeit“ des Führerscheinbesitzers auswirken. Ob Verkehrsunzuverlässigkeit vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen und abhängig von der Verwerflichkeit der Tat. So wird z.B. differenziert zwischen „harten“ und „weichen“ Drogen. Auch gilt die Weitergabe oder Einfuhr von Suchtmitteln als verwerflicher als der bloße Eigenkonsum einer kleineren Menge von Suchtmitteln.   

anwaltfinden.at: Ist der Konsum oder Besitz von Suchtmitteln ein Entlassungsgrund?

Der Konsum von Suchtmittel ist im Gesetz nicht explizit als Kündigungs- bzw. Entlassungsgrund genannt, allerdings wird hier die sehr umfangreiche Rechtsprechung für den Alkoholkonsum analog herangezogen. Suchtmittelkonsum während der Dienstzeit kann wie auch Alkoholkonsum zur Entlassung führen. Auch der außerdienstliche Konsum von Suchtmitteln kann gegebenenfalls zur Entlassung führen, insbesondere bei Tätigkeiten, die ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Dienstnehmer erfordern. Dies, wenn ich zum Beispiel in einer führenden Position tätig bin oder sonst einer verantwortungsvollen Tätigkeit nachgehe.    

anwaltfinden.at: In Deutschland könnte in den nächsten Jahren der Besitz von kleinen Mengen an Cannabis legal werden. Ist eine Legalisierung in Österreich daher auch erdenklich?

Überlegungen in Richtung Legalisierung gibt es seit Jahren. Ich rechne aber nicht damit, dass Cannabis in den nächsten Jahren in Österreich legalisiert wird.

Vor kurzem scheiterte auch ein Antrag auf Aufhebung des Verbots an den Verfassungsgerichtshof. Jemand hatte unter anderem vorgebracht, dass das Verbot im Suchtmittelgesetz unverhältnismäßig, unsachlich und somit verfassungswidrig sei. Aus Sicht des VfGH war das Vorbringen jedoch „aussichtslos“ und daher schon aus diesem Grund abzulehnen.

anwaltfinden.at: Wie denken Sie über das Suchtmittelrecht in Österreich? Benötigt es eine Reform?

Grundsätzlich gibt es in Österreich ein liberales Suchtmittelgesetz, auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Sinnvoll wäre es bestimmt einen THC-Grenzwert für den Straßenverkehr festzulegen, so wie die 0,5 % Grenze für Alkohol. Ein entsprechender Vorstoß für einen Grenzwert für Cannabis im Straßenverkehr kam unlängst von der Verkehrsministerin. Die ÖVP hat dieses Vorhaben allerdings sofort blockiert. Es ist daher nicht zu erwarten, dass es in absehbarer Zeit eine entsprechende Gesetzesänderung gibt.   

Rechtsberatung und Strafverteidigung im Suchtmittelrecht – Rechtsanwalt Mag. Daniel Strauss

Bei strafrechtlichen Anliegen im Zusammenhang mit Suchtmitteln sollte schnellstmöglich ein erfahrener Rechtsanwalt kontaktiert werden. Rechtsanwalt Mag. Daniel Strauss berät Sie in sämtlichen Problemlagen im Suchtmittelrecht und vertritt Ihre Rechte vor allen zuständigen Behörden und Gerichten. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Herrn Mag. Daniel Strauss auf anwaltfinden.at oder auf strauss-rechtsanwalt.at.   

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