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Opferschutz – Die Rechte eines Verbrechensopfers

Kanzlei Mag. Michael Ibesich 1080 Wien

Opfern von Straftaten – besonders von Gewalttaten – fällt es oft nicht leicht, alleine von ihren Tätern loszukommen. Hier greift in Österreich der Opferschutz, der Verbrechensopfern umfangreiche Rechte zugesteht. Wie die Polizei Opfer einer Straftat vor Tätern schützen kann, wie sich Opfer an einer Verhandlung beteiligen können und welche weiteren Rechte sie haben, erklärt Strafrechtsexperte Mag. Michael Ibesich im Interview.

anwaltfinden.at: Herr Mag. Ibesich, können Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?

Mein Name ist Mag. Michael Ibesich und ich bin als selbstständiger Rechtsanwalt in 1080 Wien tätig. Meine Schwerpunkte umfassen unter anderem das Zivil- und Strafrecht. Im Bereich des Straf- und Wirtschaftsstrafrechts vertrete ich sowohl Beschuldigte als auch Opfer in allen Stadien des Verfahrens.

anwaltfinden.at: Was versteht man unter dem Begriff „Verbrechensopfer“?

Die Strafprozessordnung definiert drei Gruppen von Opfern:

  1. Jede Person, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt, in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung beeinträchtigt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte.
  2. Im Gesetz näher definierte Verwandte einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte; zum Beispiel eine Ehefrau, deren Ehemann durch eine Straftat ums Leben kam.
  3. Jene, die durch eine Straftat Schaden erlitten haben könnten oder sonst in ihrem strafrechtlich geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt worden sein könnten.

Es gibt außerdem besonders schutzbedürftige Opfer. Das sind jedenfalls Opfer, die in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt worden sein könnten, minderjährige Opfer oder Opfer, zu deren Schutz man ein Betretungs- und Annäherungsverbot erteilen könnte.

Insgesamt zeigt sich, dass der Opferbegriff sehr weit gefasst ist. Neben Opfern von Gewalt umfasst er beispielsweise auch Opfer von Betrügereien. Jeder, der in irgendeiner Art und Weise einen Schaden davongetragen hat – sei es materiell oder immateriell – ist grundsätzlich ein Opfer. Das ist gut, da damit bestimmte Rechte verknüpft sind.

anwaltfinden.at: Worauf achten Sie als Anwalt, wenn Sie sich mit Verbrechensopfern beschäftigen?

Gerade bei Opfern von Gewaltstraftaten ist ein besonders sensibles Vorgehen sehr wichtig. Ich erläutere dem Opfer seine ihm zustehenden Rechte und analysiere dann die gemeinsamen weiteren Schritte.

anwaltfinden.at: Welche Zwecke erfüllt der Opferschutz und wer kann ihn in Anspruch nehmen?

Wenn man die Stellung als Opfer nach der Strafprozessordnung hat, hat man auch mehrere Rechte. Diese sind sehr umfangreich. Zum Beispiel kann man sich als Privatbeteiligter einem Strafverfahren anschließen und so in jedem Stadium des Strafverfahrens seine Rechte wahrnehmen. Manche speziellen Opfer haben Rechte, die über die allgemeinen Opferrechte hinausgehen.

anwaltfinden.at: Wie können Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte Opfern helfen? Welche Instrumente stehen ihnen zur Verfügung?

Die Polizei kann unmittelbar ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen. Wenn sie das tut, darf der Gefährder die Wohnung des Opfers nicht mehr betreten und sich der Wohnung und dem Opfer auch nicht mehr annähern. In weiterer Folge kann das Opfer bei Gericht einstweilige Verfügungen gegen den Gefährder beantragen. Die Polizei ist verpflichtet, das Opfer auf diese Möglichkeiten sowie auf Opferschutzeinrichtungen hinzuweisen.

Einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen sowie zum allgemeinen Schutz vor Gewalt sollte man umgehend beantragen, da nur so ein lückenloser Schutz gewährleistet ist. Das von der Polizei ausgesprochene Betretungs- und Annäherungsverbot bleibt nur für zwei Wochen gültig, danach endet es automatisch. Innerhalb dieser Frist sollte man also die einstweiligen Verfügungen beantragen, damit der Schutz nahtlos weitergeht.

Am 1. September 2021 gab es eine Änderung: Ein Gefährder, dem von der Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot auferlegt wurde, muss binnen fünf Tagen nachdem er weggewiesen wurde die Beratungsstelle für Gewaltprävention kontaktieren und eine Gewaltpräventionsberatung vereinbaren. Tut er das nicht oder verstößt er gegen das Betretungsverbot, erhält der Täter eine Verwaltungsstrafe. Im Wiederholungsfalle kann das bis zu 5.000 Euro ausmachen.

Das Opfer hat außerdem z.B. das Recht, vom Gericht mitgeteilt zu bekommen, wenn ein Beschuldigter aus der Untersuchungshaft oder ein Verurteilter aus der Haftanstalt entlassen wurde.

anwaltfinden.at: Abgesehen davon – An welche Organisationen kann sich ein Verbrechensopfer wenden?

Auch hier stehen vielfältige Möglichkeiten unterstützend zur Verfügung. Neben einer rechtlichen Beratung bei einem Rechtsanwalt gibt es auch viele Organisationen, die psychosoziale Beratung anbieten oder Notunterkünfte bereitstellen. Es gibt zum Beispiel Frauennotrufe, Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser, aber auch Kinderschutzzentren oder Männerberatungsstellen.

anwaltfinden.at: Es kommt zu einem Strafverfahren: Welche Rechte haben Verbrechensopfer vor Gericht?

Das Opfer hat das Recht, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anzuschließen. Als Privatbeteiligter hat man zum Beispiel das Recht, Beweisanträge zu stellen und Fragen an die Verfahrensbeteiligten zu stellen, auch hat man das Recht auf Akteneinsicht. Letzteres ist ganz wesentlich, da man jederzeit den gesamten Ermittlungsakt einsehen kann. Als Opfer hat man außerdem das Recht, sich gegen die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens zu wehren. Man kann einen Fortführungsantrag stellen, wenn man der Meinung ist, dass das Verfahren zu Unrecht eingestellt wurde. Nur wenn der mutmaßliche Täter ein Jugendlicher ist, ist das nicht möglich. Ein Privatbeteiligter hat also eine Vielzahl von Rechten und damit eine bedeutende Rolle im Strafverfahren.

Außerdem hat ein Opfer das Recht, sich durch einen Rechtsanwalt oder durch eine anerkannte Opferschutzeinrichtung vertreten zu lassen. Es hat das Recht auf eine schriftliche Bestätigung der Anzeige und kann an kontradiktorischen Vernehmungen, die schonender sind, oder einer Tatrekonstruktion teilnehmen. Auch hat es das Recht, bei der Hauptverhandlung anwesend zu sein, den Angeklagten, Zeugen oder Sachverständige zu befragen sowie über die eigenen Ansprüche angehört zu werden. Dem Strafverfahren kann es sich mit einer finanziellen Forderung anschließen.

Für bestimmte Opfergruppen gibt es Rechte, die darüber hinausgehen: Sie haben das Recht auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, um ihre prozessualen Rechte zu wahren. Unter-14-Jährigen, die Opfer einer Sexualstraftat geworden sind, ist diese Prozessbegleitung jedenfalls zu gewähren. Opfer, die Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt oder in der sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein könnten, aber beispielsweise auch Opfer von Stalking können sie ebenfalls bekommen.

Besonders schutzbedürftige Opfer – das sind jedenfalls Opfer, die in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt worden sein könnten, Minderjährige und Opfer, die Gewalt in Wohnungen ausgesetzt worden sein könnten – haben zusätzlich das Recht, im Ermittlungsverfahren möglichst von einer Person des gleichen Geschlechts vernommen zu werden. Auch haben sie das Recht, dass in der Hauptverhandlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Normalerweise muss ein Strafverfahren öffentlich sein. Sie haben das Recht, die Beantwortung einzelner Fragen, deren Schilderung sie für unzumutbar halten oder die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen, zu verweigern. Sie haben das Recht auf eine schonende Einvernahme – es handelt sich hier um die kontradiktorische Vernehmung, die ich bereits erwähnt habe. Das Opfer sitzt in der Regel in einem anderen Raum und wird dann mit Ton und Video in den Vernehmungsraum geschalten, in dem der Staatsanwalt, der Richter und der mutmaßliche Täter sitzen. Es wird so vermieden, dass Täter und Opfer aufeinandertreffen – auch darauf hat man als besonders schutzbedürftiges Opfer ein Recht.

anwaltfinden.at: Gibt es hingegen auch Pflichten, die Verbrechensopfer als Zeugen vor Gericht erfüllen müssen?

Auch ein Opfer ist verpflichtet, als Zeuge auszusagen, genauso wie jeder, der in Österreich eine Zeugenladung bekommt. Opfer sind verpflichtet, wahrheitsgemäß auszusagen; eine falsche Aussage als Zeuge ist strafbar. Es gibt in bestimmten Fällen das Recht, die Aussage zu verweigern, zum Beispiel wenn man gegen einen Angehörigen aussagen oder sich selbst belasten müsste. Auch dann muss man aber der Zeugenladung Folge leisten.

Besonders schutzbedürftige Opfer haben wie erwähnt das Recht, einzelne Fragen, deren Antwort unzumutbare Schilderungen beinhaltet, zu verweigern, sowie das Recht auf die kontradiktorische Einvernahme.

anwaltfinden.at: Ein Beispiel: Eine Person erleidet häusliche Gewalt. Welche Opferschutzmaßnahmen kann sie in Anspruch nehmen?

Sie sollte die Polizei rufen und die Situation schildern. Die Polizei kann ein Betretungs- und Annäherungsverbot an den mutmaßlichen Täter aussprechen, dieses ist zwei Wochen lang aufrecht. Danach gilt es, schnell eine einstweilige Verfügung zu beantragen, damit der Schutz aufrecht bleibt. Wenn die Polizei vor Ort ist und den Sachverhalt aufnimmt, muss sie von sich aus ermitteln und den Bericht an die Staatsanwaltschaft schicken. Dennoch kann es ratsam sein, eine Strafanzeige einzubringen und sich mit einem Rechtsanwalt darüber zu beraten.

anwaltfinden.at: Rechtstipp: Was raten Sie Menschen, die Opfer eines Verbrechens wurden?

Ich rate jedenfalls dazu, sich zeitnah Beratung und Unterstützung zu holen. Nicht nur von einem Rechtsanwalt, sondern auch von den erwähnten Opferschutzeinrichtungen, die zur Verfügung stehen. Wurde noch keine Anzeige erstattet, kann ein Anwalt beraten, wie man dies tun kann und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Auch rät ein Anwalt, welche Schritte man noch setzen könnte – etwa einstweilige Verfügungen oder einen Anschluss an das Strafverfahren als Privatbeteiligter.

anwaltfinden.at: Wie können Sie – als Anwalt im Strafrecht – Verbrechensopfern helfen

Ich kann dafür sorgen, dass die Rechte, die einem Opfer zustehen, auch von allen Beteiligten gewahrt werden. Durch meine strafrechtliche Erfahrung kenne ich den Ablauf eines Strafverfahrens sehr genau. Als Vertreter eines Privatbeteiligten kann ich in allen Stadien des Verfahrens helfen, Akteneinsicht nehmen, Schriftsätze verfassen und einbringen, Beweisanträge stellen, in der Hauptverhandlung Fragen stellen und im Rechtsmittelverfahren beistehen.

Auch kann ich dafür sorgen, dass bereits im Strafverfahren privatrechtliche Ansprüche wie Schmerzensgeld geltend gemacht und möglichst zugesprochen werden. Ist das nicht so oder gibt es darüber hinausgehende Forderungen, kann ich auch zivilrechtliche Schritte überlegen und einleiten.

Ich unterstützte also vom Einbringen der Strafanzeige und der einstwilligen Verfügungen bis hin zur Durchsetzung von zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen. Neben Ansprüchen aus dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es in Österreich das Verbrechensopfergesetz, aus dem Opfer ebenfalls Ansprüche ableiten können.

Mag. Michael Ibesich – Ihr kompetenter Ansprechpartner im Strafrecht

Rechtsanwalt Mag. Michael Ibesich ist Experte für Strafrecht. In seiner Kanzlei in 1080 Wien nimmt er sich Ihrem Fall an – egal, ob sie Opfer einer Straftat wurden oder einer Straftat beschuldigt werden. Gerne bespricht Mag. Michael Ibesich Ihren Fall bei einem Erstgespräch und überlegt sich in weiterer Folge eine Gesamtstrategie, um Sie bestmöglich zu vertreten. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Michael Ibesich auf anwaltfinden.at.

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