Der Erblasser kann in einem Testament den letzten Willen für seine Hinterbliebenen festhalten. Das geht allerdings nur, wenn die letztwillige Verfügung auch wirksam ist und bestimmte Formvoraussetzungen erfüllt. Besonders bei mehrseitigen Testamenten gilt es, einige Gültigkeitserfordernisse einzuhalten, über die Rechtsanwalt und Erbrechtsexperte Dr. Georg Haunschmidt im folgenden Experteninterview aufklären wird.
Ich habe meine Kanzlei im Jahr 2004 gegründet. Wir sind überwiegend im Bereich Immobilienrecht und Erbrecht tätig. Darüber hinaus haben wir seit 2009 eine Hausverwaltung in der Kanzlei integriert. Zusätzlich bin ich auch Lektor an der Academy for Continuing Education (ACE) an der Technischen Universität Wien für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht.
Das Problem ist, dass ein fremdhändiges – also zB ein am Computer erstelltes – Testament oft über mehrere Seiten geht und nur die letzte Seite vom Erblasser händisch mit einem Testamentszusatz unterschrieben wird. Es wäre in einem solchen Fall relativ leicht, die vorangehenden Seiten auszutauschen, am Computer einen anderen Text zu schreiben und so das Testament nachträglich gegen den Willen des Erblassers zu ändern. Aus diesem Grund hat die Judikatur hier sehr strenge Richtlinien aufgestellt.
Beim eigenhändigen Testament schreibt man das Testament stets selbst. Dadurch hat man die Sicherheit, dass man die Handschrift sehr gut überprüfen kann. Beim fremdhändigen Testament benötigt man drei unabhängige Zeugen, die den Testiervorgang auch bestätigen. Die Zeugen müssen am Ende nach der Unterschrift mit einem Zeugenzusatz als Testamentszeuge unterschreiben. Die Unterschrift soll dabei genau identifizierbar sein; es reicht somit nicht nur eine unleserliche Unterschrift. Am besten schreibt man den Namen auch noch gedruckt hin und unterschreibt handschriftlich.
Urkundeneinheit bedeutet, dass bei einem mehrseitigen Testament ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Blättern vorliegen muss, also eine einheitliche Urkunde. Das soll eben den Fälschungen vorbeugen.
Äußerer Zusammenhang bedeutet, dass mehrere lose Blätter eines Testaments fest miteinander verbunden sein müssen. Das Zusammenheften von losen Blättern mit nur einer Heftklammer wurde vom Obersten Gerichtshof in einer Entscheidung beispielsweise als nicht ausreichend beurteilt. Hier könnte man sehr einfach nachträglich die Seiten verändern.
Die Testamentsurkunde muss fälschungssicher zusammengebunden sein, sodass man beim nachträglichen Austausch der Seiten die Urkunde beschädigen müsste. Dafür schlägt der Oberste Gerichtshof zum Beispiel Binden, Kleben oder Nähen vor. Dadurch kann eine nachträgliche Fälschung nahezu ausgeschlossen werden.
Übrigens ist es auch wichtig, dass diese einheitliche Urkunde auch schon beim Testiervorgang hergestellt wird. Das ist der Zeitpunkt, an dem der Testator sein Testament unterschreibt und auch die Zeugen dies mit der Unterschrift bestätigen. Also nachträglich alte Testamente mit losen Blättern durch späteres zusammenheften wirksam zu machen, funktioniert nicht.
Nein, nur eine Seitennummerierung einzufügen, ist ebenfalls nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als zu wenig beurteilt worden.
Inhaltliche Urkundeneinheit bedeutet, dass sich mehrere lose Blätter eines Testaments nachvollziehbar und schlüssig aufeinander beziehen müssen, zum Beispiel durch einen Vermerk des Testators am Unterschriftblatt, der sich auf die vorangegangenen Seiten bezieht. Auch wenn es inhaltlich ersichtlich ist, dass der textliche Inhalt auf dem nächsten Blatt weitergeführt wird, würde ich mich trotzdem nicht darauf verlassen. Hier war der oberste Gerichtshof nicht besonders eindeutig, wodurch eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht, wenn man ein Testament mit mehreren Blättern nur über einen inhaltlichen Zusammenhang errichten möchte.
Generell bevorzuge und empfehle ich daher die feste Bindung aller Blätter des Testaments, also die sogenannte äußere Urkunde.
Das ist eine „Entweder – Oder“ Regel, es muss daher nur entweder die äußere Einheit oder die innere Einheit vorliegen. Beispielsweise reicht es aus, wenn ein mehrseitiges Testament sehr festgebunden ist, sodass die Blätter nur durch Zerstörung auseinandergenommen werden können.
Die Unterschrift muss am Ende des Textes erfolgen und man benötigt einen handschriftlichen Zusatz wie zum Beispiel „das ist mein letzter Wille“ oder „so will ich es“. Der Sinn des Zusatzes ist, dass man etwas mehr Handschrift im Testament hat, um allfällige Unterschriftsfälschungen mit mehr Sicherheit anhand eines größeren Handschriftanteils von einem Graphologen im Streitfall überprüfen zu können.
Das Problem bei unwirksamen Testamenten ist ja leider immer, dass die Unwirksamkeit erst dann zum Thema wird, wenn der Testator schon verstorben ist und daher das Testament nicht mehr verbessern kann. Hier sollte man also nichts dem Zufall überlassen.
Ich würde empfehlen, nochmals ein neues Testament zu errichten und nicht in das alte hineinzuschreiben. Denn das bestehende Testament kann man nicht nachträglich abändern, da so auch die äußere oder innere Urkundeneinheit nicht mehr nachweisbar wäre.
Man kann ja ohne weiteres die Teile des alten Testaments wieder in das neue Testament aufnehmen und eben in dem neuen Dokument seine Ergänzungen hinzufügen. Insbesondere im Hinblick auf die nun sehr strenge Judikatur, bietet sich das auch an, um allfällige nicht entdeckte Formfehler bei dem Alten Testament so zu reparieren.
Ich empfehle auf jeden Fall, sollte ein Testament aus mehreren Blättern bestehen und nicht festgebunden sein, dieses nochmals nach den aktuellsten Formvorschriften neu zu errichten. Auf eine Unsicherheit, ob ein altes Testament eventuell gerade noch gültig sein kann oder nicht, würde ich mich im Fall von mehrseitigen Testamenten nicht einlassen.
Wie gesagt, wenn es nur mit einer Heftklammer verbunden ist oder Blätter lose sind, dann wäre das auf jeden Fall auch nach alter Rechtslage unwirksam.
Bei der Errichtung eines Testaments gibt es einige Stolpersteine, die viele Menschen oft nicht bedenken. Besonders hier gilt: Juristischer Rat kann Sie vor unliebsamen Überraschungen bewahren! Sollten Sie konkrete Fragen oder ein persönliches Anliegen im Erbrecht haben, unterstützt Sie Rechtsanwalt Dr. Georg Haunschmidt gerne, um eine geeignete Lösung hierfür zu finden. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Georg Haunschmidt auf anwaltfinden.at.
Ich war mit der Leistung sehr
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