Sie sind Anwalt?

Gläubigerbegünstigung – wann mache ich mich als Schuldner strafbar?

Anwalt liest Brief

Was versteht man unter der Insolvenzstraftat der Gläubigerbegünstigung und mit welchen Handlungen mache ich mich als Schuldner strafbar? Mit welchen Konsequenzen muss ich als Schuldner rechnen? Und wie wird die Gleichbehandlung aller Gläubigerinnen und Gläubiger anschließend wiederhergestellt? Diese und weitere spannende Fragen beantwortet Ihnen Dr. Ṣelale Hale Kaçar, Expertin im Insolvenz- und Strafrecht, im folgenden Interview.

anwaltfinden.at: Frau Dr. Kaçar, könnten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?

Sehr Gerne! Ich bin in München geboren und aufgewachsen. Mein Studium und auch meine Ausbildungszeit habe ich in Salzburg absolviert. Seit 2014 bin ich als selbstständige Rechtsanwältin in meiner eigenen Kanzlei in Salzburg tätig. Bereits in meiner Zeit als Rechtsanwaltsanwärterin habe ich mich besonders für die Bereiche Strafrecht und Insolvenzrecht interessiert, weshalb ich meine Doktorarbeit im Bereich Strafrecht geschrieben habe. Natürlich berate und unterstütze ich auch in anderen Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Familienrecht, dem Vertragsrecht und dem Schadenersatzrecht.

 

anwaltfinden.at: Sie sind, wie bereits erwähnt, unter anderem als Rechtsanwältin im Strafrecht sowie dem Insolvenzrecht tätig. Welche Insolvenzstraftaten treten Ihrer Erfahrung nach besonders häufig auf?

Nach meiner Erfahrung ist das der Straftatbestand der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, früher war das die sogenannte fahrlässige Krida. Der Gesetzgeber hat das hier aber ganz bewusst so eingeschränkt, dass für eine Strafbarkeit nur mehr ein grob fahrlässiges Verhalten vom Schuldner verlangt wird.

Der Schuldner muss also auffallend sorgfaltswidrig und nicht mehr nur einfach fahrlässig handeln, um strafbar zu sein. Dadurch können auch zum Beispiel insbesondere Unternehmer ein wirtschaftliches Risiko eingehen, ohne hierbei sofort in eine Insolvenzstrafbarkeit zu fallen. Das war dem Gesetzgeber ebenfalls sehr wichtig.

Daneben gibt es noch die Straftatbestände der betrügerischen Krida, der Schädigung fremder Gläubiger und die Gläubigerbegünstigung.   

    

anwaltfinden.at: Was versteht man unter Gläubigerbegünstigung beziehungsweise welche Handlungen des Schuldners fallen unter diese?

Bei der Gläubigerbegünstigung verschafft der Insolvenzschuldner, nach dem Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit, einem Gläubiger einen Vorteil. Das passiert in der Regel dadurch, dass der Schuldner, obwohl er weiß, dass er zahlungsunfähig ist, mindestens einem Gläubiger dessen Forderung zur Gänze oder teilweise bezahlt. Die anderen Gläubiger erhalten jedoch keinerlei Zahlungen und werden dadurch benachteiligt.   

 

anwaltfinden.at: Ist fahrlässiges Handeln des Schuldners in diesem Zusammenhang ebenfalls strafbar?

Nein, eine fahrlässige Gläubigerbegünstigung ist nicht strafbar. Hierbei muss man jedoch darauf achten, dass die Handlung natürlich einen anderen Straftatbestand, wie zum Beispiel die grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, erfüllen kann. Je nachdem, wie dieses fahrlässige Handeln zu beurteilen ist.  

 

anwaltfinden.at: Wie wird die Strafe bei einer Gläubigerbegünstigung bemessen und ist der betroffene Gläubiger ebenfalls strafbar?

Der Strafrahmen bei der Gläubigerbegünstigung beträgt – geregelt ist das Ganze in §158 StGB – bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.

Die Strafbarkeit des Gläubigers ist zwar im Hinblick auf den speziellen Straftatbestand der Gläubigerbegünstigung explizit ausgenommen – da gibt es einen eigenen Absatz zwei, in dem dies geregelt ist.

Jedoch kann sich aber der Gläubiger durch seine Handlung eines anderen Straftatbestands, wie zum Beispiel eines Betrugs, schuldig machen. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Gläubiger den Schuldner dazu verleitet, die ihm zustehende Forderung zu bezahlen, sei es auch nur zu einem Teil.

 

anwaltfinden.at: Wie ist der Ablauf bei einer Anfechtung wegen Begünstigung und welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um die Gleichbehandlung aller Gläubiger nachträglich wiederherstellen zu können?

Bei der Anfechtung wegen Begünstigung handelt es sich um eine zivilrechtliche Möglichkeit, das Gleichgewicht zwischen den Gläubigern wiederherzustellen. Diese Möglichkeit der Anfechtung ist in der Insolvenzordnung ausdrücklich geregelt und besteht unabhängig von der Strafbarkeit des Schuldners wegen einer Gläubigerbegünstigung nach dem Strafgesetzbuch. Oftmals handelt es sich hierbei um Zahlungen, die der Schuldner noch kurz vor Konkurseröffnung getätigt hat und die man dann durch die Anfechtung gegebenenfalls zurückfordern kann.

Nehmen wir zum Beispiel einen Kaufvertrag. Dieser wird, aufgrund der Anfechtung, rückabgewickelt. Am Schluss fließt das, was weitergegeben wurde, die Begünstigung sozusagen – sei es das Geld oder beispielsweise das Auto, das noch schnell zu einem viel zu geringen Kaufpreis verkauft wurde – wieder in die sogenannte Insolvenz-Masse zurück und der Erlös wird dann unter allen Gläubigern gleichermaßen aufgeteilt.

 

anwaltfinden.at: Welche Konsequenzen trägt der Schuldner, wenn er die Befriedigung eines Gläubigers beziehungsweise mehrerer Gläubiger schmälert oder vereitelt? 

Wenn ein Schuldner vorsätzlich die Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger schmälert oder vereitelt, begeht er das Verbrechen der sogenannten betrügerischen Krida, welches in § 156 StGB geregelt ist.

Der Strafrahmen beträgt hier sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. In ganz schweren Fällen, nämlich wenn die Tat zu einem Schaden von über 300.000,00 Euro führt, ist sogar mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu rechnen.   

 

anwaltfinden.at: Gibt es in diesem Zusammenhang Verjährungsfristen, die beachtet werden müssen?

Strafrechtlich gibt es die allgemeinen Verjährungsfristen, die vom entsprechenden Strafrahmen abhängig sind.

Insolvenzrechtlich gibt es, je nach Anfechtungstatbestand, zum Beispiel eine 60 Tage Frist, eine sechsmonatige Frist oder auch eine Jahresfrist, welche dann jeweils zu beachten sind. Nach Ablauf dieser jeweiligen Fristen ist eine Anfechtung ausgeschlossen.  

 

anwaltfinden.at: Wie kann ein Anwalt für Insolvenz- bzw. Strafrecht den benachteiligten GläubigerInnen beim Durchsetzen ihrer Rechte helfen?  

Wichtig ist, dass sich sowohl Gläubiger als auch Schuldner frühzeitig beraten lassen.

Durch meine langjährige Erfahrung als Insolvenzverwalterin und Schuldnervertreterin kann ich potenziellen Schuldnern natürlich bereits bei der Vorbereitung eines Konkursverfahrens helfen, sodass es erst gar nicht zu einer Benachteiligung der Gläubiger kommt.    

Gläubiger kann ich wiederum dabei unterstützen, ihre Ansprüche gegen den Schuldner sowohl in einem Konkursverfahren als auch in einem Strafverfahren geltend zu machen und durchzusetzen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Ich vertrete Sie zuverlässig in insolvenz- und strafrechtlichen Angelegenheiten – Dr. Ṣelale Hale Kaçar 

Sie haben weitere Fragen zu dem Thema Insolvenzstraftaten oder benötigen rechtlichen Beistand in Angelegenheiten des Insolvenz- und Strafrechts? Dr. Ṣelale Hale Kaçar berät und vertritt Sie gerne. Für ein persönliches Erstberatungsgespräch kontaktieren Sie die Anwaltskanzlei. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Ṣelale Hale Kaçar auf anwaltfinden.at.

Anwaltssuche

Anwalt benötigt?

Passende Anwälte in unserer Anwaltssuche finden
Anwaltssuche
Anwalt benötigt?
Passende Anwälte in unserer Anwaltssuche finden