Wer erbt, rechnet zumeist nicht mit den Kosten, die anfallen können. Der Preis für das Begräbnis, Auslagen im Rahmen eines Verlassenschaftsverfahrens oder anfallende Steuern auf Liegenschaften – es kann sehr schnell unübersichtlich werden. Wer diese Kosten grundsätzlich zu tragen hat und womit Erben monetär rechnen müssen, erklärt Anwältin Mag. Doris Wolf im Interview. Als Expertin für Erbrecht weiß sie, worauf es hier ankommt und wie die Rechtslage aussieht.
Sehr gerne: Mein Name ist Doris Wolf, ich habe in Linz Rechtswissenschaften studiert und bin seit einigen Jahren als Rechtsanwältin in Linz tätig. In den letzten Jahren habe ich mich vor allem in den Bereichen Familien- und Erbrecht, aber auch im Vertragsrecht, besonders im Immobilienbereich, spezialisiert.
geradlinig – gewissenhaft – effizient
Erfreulicherweise ist festzustellen, dass heutzutage die Thematik des Vererbens weniger verdrängt und vor sich hergeschoben wird. Während sich früher zumeist nur die ältere Generation mit diesem Thema auseinandersetzte, kümmern sich mittlerweile auch immer mehr jüngere Leute um die Regelung ihrer letztwilligen Angelegenheiten.
Bedauerlicherweise lassen viele Menschen jedoch außer Acht, dass ein Testament auch immer auf dem aktuellsten Stand gehalten werden sollte: Häufig gibt es Veränderungen im familiären oder beruflichen Umfeld, die in diesem Zusammenhang dann eventuell auch erforderlichen Änderungen im Testament werden jedoch oftmals auf die lange Bank geschoben, im Sinne von „das hat ja noch Zeit…“.
Dies hat mitunter zur Konsequenz, dass im Todesfall sodann ein „veraltetes“ Testament umzusetzen ist, welches nicht mehr dem Willen des Verstorbenen entspricht bzw. hinsichtlich mancher Vermögenswerte keine Regelung enthält, was Konfliktpotenzial in sich birgt.
Es ist zu unterscheiden zwischen jenen Kosten, welche durch den Tod des Verstorbenen an sich entstehen, sowie jenen Kosten, welche die Abwicklung der Verlassenschaft mit sich bringt.
Die sogenannten Todesfallkosten umfassen die Ausgaben, welche im Zuge der Beerdigung entstehen, wie Kosten für die Bestattung, den Grabstein, das Trauermahl, die Blumen, den Grabschmuck sowie Grabpflege, Todesanzeige oder Parten.
Zu den Kosten für die Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens zählen die Kosten des Gerichtskommissärs oder des Erbenmachthabers, aber auch die Gerichtsgebühren. Sind Immobilien Teil der Verlassenschaft, kommt noch Grunderwerbsteuer, Eingabe- und Eintragungsgebühr beim Grundbuch und eventuell Immobilienertragsteuer hinzu. Auch Kosten für Sachverständigengutachten für die Schätzung des Nachlasses sind allenfalls zu erwarten bzw. Kosten betreffend Immobilien oder Vermögen im EU-Ausland.
Das Gesetz enthält in § 549 ABGB eine ganz klare Regelung. Die Kosten für ein – nach dem Vermögen, aber auch den Lebensumständen des Verstorbenen sowie den örtlichen Gebräuchen – angemessenes Begräbnis sind grundsätzlich aus der Verlassenschaft zu bezahlen. In der Regel bezahlt der Erbe vorab diese Kosten. Es ist aber auch möglich, dass der Gerichtskommissär diese Kosten – auf Antrag – aus den Verlassenschaftsaktiva freigibt.
Nach der Einantwortung, darunter versteht man die mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichts erfolgte rechtmäßige Übertragung des Nachlasses an den Erben, haftet jedenfalls dieser für die Begräbniskosten.
Wenn die Verlassenschaft für die Bezahlung der Begräbniskosten nicht ausreicht und es einen Unterhaltspflichtigen für den Verstorbenen (bis zum Tod) gab, haftet dieser für die Bezahlung der Kosten.
Der Grunderwerbsteuer unterliegt auch der unentgeltliche Erwerb einer inländischen Liegenschaft, also auch der Erwerb aufgrund einer Erbschaft.
Weiters ist aber auch bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen im Zusammenhang mit einer Erbschaft mit Grunderwerbssteuer zu rechnen: Einerseits die Anteilsvereinigung (Konzentration von mindestens 95% der Anteile bei einem einzigen Gesellschafter) bei Personen- und Kapitalgesellschaften, zu deren Vermögen auch ein Grundstück gehört, und andererseits, wenn bei Personengesellschaften, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innerhalb von 5 Jahren mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. In diesen Fällen beträgt der Steuersatz jeweils 0,5 % des Grundstückswertes.
Zusätzlich zur Grunderwerbsteuer fällt auch beim Erwerb aufgrund einer Erbschaft die Eintragungsgebühr im Grundbuch von 1,1 % des Verkehrswertes, bei Übertragungen im Familienkreis (einschließlich Lebensgefährten) vom dreifachen Einheitswert an.
Sollte der Erbe daran denken, die Liegenschaft gleich weiterzuverkaufen, ist aus Steuerersparnisgründen auch ein Verkauf direkt aus der Verlassenschaft – vor Einantwortung an den Erben – möglich. Erwähnt sei hier jedoch, dass die Immobilienertragsteuer aber auch bei einem Verkauf direkt aus der Verlassenschaft anfällt, es sei denn, es liegt ein Befreiungstatbestand vor.
Allerdings, da sowohl unterschiedliche Steuersätze als auch andere Bemessungsgrundlagen heranzuziehen sind. Da es hier jedoch eine Vielzahl an Ausnahmen und Besonderheiten gibt, würde eine detaillierte Erläuterung den Rahmen dieses Interviews sprengen.
Vereinfacht gesagt:
Während außerhalb des begünstigten Familienkreises der Verkehrswert der Liegenschaft relevant ist, wird in der Familie bei Bauland der sogenannte Grundstückswert herangezogen. Für diesen Grundstückswert gibt es verschiedene Ermittlungsmethoden, wobei die für den Steuerpflichtigen günstigste Variante gewählt werden kann.
Zum begünstigten Familienkreis zählen
Erbt man beispielsweise das Elternhaus, wird es sich zumeist um Bauland handeln. Hier ist also zunächst der Grundstückswert zu erheben. Da es sich um einen „unentgeltlichen Erwerb“ handelt, gelangt ein Stufentarif wie folgt zur Anwendung: Die ersten € 250.000 werden mit 0,5 %, die nächsten € 150.000 mit 2 % und alles darüber hinaus mit 3,5 % besteuert.
Erbt man im Familienverband hingegen ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück, wird als Bemessungsgrundlage der einfache Einheitswert herangezogen und mit 2 % versteuert.
Es ist jedoch stets auf mögliche Befreiungstatbestände (gemeinsame Ehewohnung, begünstigte Betriebsübergabe) Bedacht zu nehmen!
Die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens setzen sich primär aus den Gerichtsgebühren und den Kosten des Gerichtskommissär zusammen.
Die Gerichtsgebühr ermittelt sich nach dem Gerichtsgebührengesetz und beträgt 5 ‰ des reinen Verlassenschaftsvermögens, also Aktiven abzüglich Passiven, mindestens aber € 77,00.
Die Kosten des Gerichtskommissärs sind im Gerichtskommissionstarifgesetz (GKTG) geregelt und bemessen sich gestaffelt nach der Höhe des Nachlasses (Schulden werden nicht abgezogen).So beträgt beispielsweise bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 72.670,00 die Höchstgebühr netto EUR 1.989,90. Zusätzlich zieht das Gesetz eine Grenze bei einer Höchstbemessungsgrundlage von € 3.633.640,00 ein. Das Gericht kann ausnahmsweise auch höhere Beträge festsetzen und darf die Gebühr maximal auf das Doppelte erhöht werden. Das betrifft beispielsweise Fälle, in denen sich die Abwicklung äußerst umfangreich oder schwierig gestaltet.
Wird das Verlassenschaftsverfahren von einem Rechtsanwalt abgewickelt (man spricht hier vom „Erbenmachthaber“), orientieren sich die Kosten eines solchen Erbenmachthabers ebenso am GKTG. Festzuhalten ist jedoch, dass die Kosten stets Vereinbarungssache sind!
Es gibt die Möglichkeit, Verfahrenshilfe zu beantragen. Der Antrag muss jedoch schon bei Eröffnung des Verlassenschaftsverfahrens eingebracht werden.
Es kann sogar eine völlige Befreiung von den Gerichtsgebühren bewilligt werden. Die gewährte Befreiung muss jedoch nachbezahlt werden, wenn der Antragsteller innerhalb von drei Jahren ab Abschluss des Verfahrens zu Geld kommt. Stellt also jemand einen Antrag auf Verfahrenshilfe für die Kosten im Verlassenschaftsverfahren und erbt in der Folge etwas, ist der Betrag zurückzahlen.
Ein Rechtsanwalt kann in einer Verlassenschaft auf zweierlei Arten unterstützend tätig werden: entweder als Erbenmachthaber oder als Erbenvertreter.
Das Verlassenschaftsverfahren wird entweder durch den Gerichtskommissär, also einem Notar, oder einen Erbenmachthaber durchgeführt. Erbenmachthaber kann entweder ein (anderer) Notar oder ein Rechtsanwalt sein, der gemeinsam von allen Erben bestimmt wird und das Verlassenschaftsverfahren im schriftlichen Weg direkt mit dem Gericht durchführt. Dies ermöglicht oftmals eine raschere und auch persönlichere Abwicklung.
Auch ist zu bedenken, dass der Tod einer nahestehenden Person zumeist eine große psychische Belastung bedeutet und es eine Entlastung darstellen kann, wenn der Rechtsanwalt des Vertrauens die Umsetzung des letzten Willens des Verstorbenen in die Hand nimmt.
Das Honorar des Erbenmachthabers kann vorab frei ausgehandelt werden, was mitunter zu einer Kostenersparnis führen kann.
Sollte keine gemeinsame Beauftragung durch alle Erben erfolgen, kann der Rechtsanwalt jedoch stets auch als Vertreter eines oder mehrerer Erben tätig werden. Verlassenschaftsverfahren sind mitunter sehr langwierig und komplex. Um die eigenen Interessen gewahrt zu wissen, kann es daher durchaus ratsam sein, einen Experten an seiner Seite zu haben, um nicht übervorteilt zu werden.
Das österreichische Erbrecht stellt eine durchaus komplexe Thematik dar, welche viele Fallstricke und Hürden in sich birgt. Insbesondere wenn Immobilien oder Vermögen im Ausland vorhanden sind, empfiehlt es sich, für die Testamentserrichtung einen Experten beizuziehen. Dieser kann Auskunft zu allfälligen steuerrechtlichen Fallstricken geben und hier mit Tipps und Tricks zur Seite stehen, damit es für die Erben später keine bösen Überraschungen gibt.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Haben Sie Fragen oder ein konkretes Anliegen im Erbrecht? Mag. Doris Wolf berät und vertritt Sie hervorragend in allen Belangen rund um (Ver-)Erben, Testament und Erbschaft. Gerne bietet sie auch Ihnen ein klärendes Erstgespräch in ihrer Kanzlei an! Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Doris Wolf auf anwaltfinden.at.
Frau Magister Wolf war definitiv die richtige Wahl! Mit viel Einfühlungsvermögen und noch mehr [...]
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