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Erben einer Immobilie – worauf ist in einer Erbengemeinschaft zu achten?

Rechtsanwalt Mag. Marcus Marakovics

In immer mehr Nachlässen befinden sich mittlerweile Immobilien. Kompliziert wird es vor allem dann, wenn mehrere Personen Eigentümer der geerbten Immobilie werden. In diesem Fall müssen Sie nicht nur für sich selbst, sondern ebenso in der Gemeinschaft klären, was mit dem Haus oder der Wohnung künftig passieren soll. Verkaufen, vermieten oder das Erbe ausschlagen? Worauf Sie als Erbengemeinschaft beim Erben einer Immobilie achten sollten, beantwortet Ihnen Erb- und Immobilienrechtsexperte, Mag. Marcus Marakovics, im folgenden Interview. 

anwaltfinden.at: Herr Mag. Marakovics könnten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?

Sehr gerne, mein Name ist Mag. Marcus Marakovics, ich bin selbstständiger Rechtsanwalt in Wien, mit den Beratungsschwerpunkten Erb- und Immobilienrecht. In diesem Zusammenhang beantworte ich alle notwendigen Fragen, errichte Verträge, Testamente und begleite meine Mandanten während der gesamten Abwicklung.

 

anwaltfinden.at: Sie sind unter anderem im Erbrecht tätig – worauf legen Sie bei der Beratung Ihrer Mandanten besonderen Wert?

Mir ist besonders wichtig, zunächst die näheren Lebensumstände meiner Mandanten kennenzulernen, um die optimale Vorsorge treffen zu können. Mein Ziel ist es, bereits im Vorfeld konfliktvermeidend tätig zu sein. Die Mandanten wenden sich mit einem konkreten Problem an mich, indem sie ihren Nachlass regeln möchten. Meine Aufgabe besteht darin, die Anliegen meiner Mandanten in optimaler Form und entsprechend ihrer Wünsche zu realisieren. Daher ist ein umfassendes Erstberatungsgespräch notwendig, in dem alle Umstände genau aufgenommen und die Mandanten über die Rechtslage informiert werden.  

 

anwaltfinden.at: Was versteht man unter einer Erbengemeinschaft?

Das ist an sich einfach erklärt – eine Erbengemeinschaft besteht dann, wenn es mehrere Erben gibt. Seien es gesetzliche Erben oder testamentarisch eingesetzte Erben. Diese bilden immer eine Erbengemeinschaft. Die Anteile an der Erbengemeinschaft richten sich entsprechend der Erbquoten.

Gibt es zum Beispiel drei Erben, die jeweils zu einem Drittel als Erben berufen sind, sind diese an der Erbengemeinschaft zu je einem Drittel beteiligt.

 

anwaltfinden.at: Welche Rechte und Pflichten haben Miterben einer Erbengemeinschaft?  

In Bezug auf eine Erbengemeinschaft lässt sich sagen: mitgefangen, mitgehangen. Man wird wie eine Miteigentumsgemeinschaft behandelt. Das heißt, man hat entsprechend seiner Anteile Zahlungspflichten, aber auch Nutzungsrechte an allfälligen Verlassenschaftsgegenständen, die sich in der Erbengemeinschaft befinden.

 

anwaltfinden.at: Worauf sollten Erben grundsätzlich achten, wenn sie gemeinsam eine Immobilie erben?

Das ist grundsätzlich der häufigste Anwendungsfall. Den Erben muss bewusst sein, dass mit dem gemeinsamen Erbe, Miteigentum an der Immobilie entsteht.

Hierbei muss man unterscheiden, ob es sich um ein Wohnungseigentumsobjekt handelt oder nicht.

Ist ein Wohnungseigentumsobjekt in der Verlassenschaft, können höchstens zwei Erben Eigentümer des Wohnungseigentumsobjektes werden. Sollte es hierbei keine Einigung zwischen den Erben geben, müsste die Liegenschaft – die Wohnung also – versteigert werden. Ist ein Erbe bereits Wohnungseigentümer, übernimmt dieser – sofern keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde – gemäß § 14 Wohnungseigentumsgesetz den frei werdenden Hälfteanteil und muss einen Übernahmepreis an die Verlassenschaft bezahlen.

Gibt es zum Beispiel ein Haus oder ein  Grundstück, an dem kein Wohnungseigentum begründet ist, ist es differenzierter. In einem solchen Fall gibt es keine Beschränkung der Anzahl der Miteigentümer, es kann theoretisch auch 10, 20 oder mehr Erben geben.

Wie bereits erwähnt, Miteigentum bedeutet: mitgefangen, mitgehangen. Somit treffen mich alle Kosten entsprechend meiner Anteile. Wenn ich Pech habe und ein Miteigentümer – ein Miterbe in diesem Fall – bezahlt nicht, hafte ich nach außen ebenfalls für diesen Anteil.

 

anwaltfinden.at: Gibt es Fälle, in denen es sinnvoll ist, das Erbe auszuschlagen?

Gibt es natürlich, insbesondere dann, wenn die Liegenschaft derart mit Pfandrechten belastet ist, dass der Wert der Liegenschaft nicht ausreicht, um diese Belastungen abzudecken. Die Pfandrechte haften an der Liegenschaft und können nicht ohne weiteres gelöscht werden. Das heißt, wenn eine Erbengemeinschaft eine Immobilie erbt, werden diese Schulden mitübernommen.

 

anwaltfinden.at: Was muss eine Erbengemeinschaft beachten, wenn sie ein geerbtes Haus verkaufen möchte?

In diesem Fall muss man zwei Zeitpunkte unterscheiden.

Es gibt zum einen die Erbengemeinschaft vor der Einantwortung. Erst mit der Einantwortung wird das Eigentumsrecht erworben, bis dahin ist die Verlassenschaft des Verstorbenen Eigentümer aller im Nachlass befindlichen Vermögenswerte. Wichtig ist es, dass die Erben vor der Einantwortung gemeinsam an einem Strang ziehen. Der Verkauf vor der Einantwortung bedarf einer verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung. Das bedeutet, hier besteht eine zwingende Genehmigung, ohne die nicht verkauft werden kann.  

Zum anderen gibt es den Zeitpunkt nach der Einantwortung. Der einzelne Miterbe hat mit der Einantwortung der Verlassenschaft entsprechend seiner Erbquote Miteigentum erworben. Hier kann jeder Erbe entsprechend seiner Miteigentumsquote – sprich wir haben zum Beispiel drei Erben, jeder ist zu einem Drittel Miteigentümer – frei über seinen Miteigentumsanteil verfügen und diesen auch frei, ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer, veräußern. Eine Ausnahme diesbezüglich besteht dann, wenn letztwillig ein Belastungs- und Veräußerungsverbot oder ein Vorkaufsrecht verfügt worden ist.  

 

anwaltfinden.at: Wie ist die Vorgehensweise, wenn sich die Miterben nicht einig werden, zu welchem Preis das Haus verkauft werden soll?

Hier versucht man in einem ersten Schritt, einen gerichtlich beeideten Sachverständigen zu bestellen, der für alle Erben verbindlich den Verkehrswert  der Immobilie feststellt. Zu diesem oder einem höheren Preis wird anschließend das Haus verkauft.  

Sollte keine Einigung unter den Erben möglich sein, ist der einzige Ausweg die sogenannte Teilungsklage, im Zuge dessen die Liegenschaft entweder versteigert wird oder eine Realteilung stattfindet. Letzteres ist nur dann möglich, wenn die Liegenschaft wirklich real – das heißt in der Natur – geteilt werden kann. Jeder muss somit – entsprechend seiner Anteile – ein Stück vom Grundstück erhalten, dies muss auch grundbücherlich durchführbar sein.

 

anwaltfinden.at: Welche Vor- und Nachteile gibt es, wenn man die geerbte Immobilie gemeinsam vermietet?

Der Vorteil besteht vor allem darin, dass mit einer Vermietung immer auch Einnahmen einhergehen. Ich lukriere also Einnahmen aus der Vermietung.

Ein Nachteil ist jedoch, dass alle Erben mit der Vermietung einverstanden sein müssen. Sobald ein Erbe sagt, er möchte die Liegenschaft selbst für sich nutzen, kann diese nicht vermietet werden, weil die Zustimmung aller Miterben benötigt wird. Dasselbe gilt, wenn ich einen Mietvertrag abschließen, verlängern oder kündigen möchte – man sitzt immer gemeinsam auf der Vermieterseite und hierbei heißt es dann: viele Köche verderben den Brei. 

 

anwaltfinden.at: Ein Erbe übernimmt das Haus und zahlt die anderen aus – worauf ist in diesem Fall zu achten?

Aus steuerlicher Sicht ist es in einem solchen Fall besonders wichtig, dass er das bereits im Verlassenschaftsverfahren – in einem sogenannten Erbteilungsübereinkommen – regelt. Das Erbteilungsübereinkommen ist ein Vertrag zwischen den Miterben, mit dem einzelne oder alle verlassenschaftszugehörigen Vermögenswerte aufgeteilt werden.

Das bedeutet, die Verlassenschaft wird bereits bei dem Gerichtskommissär geteilt, sodass einem Erben beispielsweise das Haus zugeteilt wird und den anderen Erben das Bargeld oder Sparvermögen. Auf diese Weise spart man sich einmal Grunderwerbssteuer. Ansonsten würde die Liegenschaft nämlich zuerst allen Erben eingeantwortet werden – da ist Grunderwerbssteuer fällig – und dann würde sie verkauft werden – da ist noch einmal Grunderwerbssteuer fällig.

Außerdem ist es wichtig, zu beachten, ob die Liegenschaft belastet ist und wenn ja, wie hoch. Zahlt es sich also aus, die Liegenschaft überhaupt zu übernehmen?

 

anwaltfinden.at: Gibt es irgendwelche Kosten, die beim Erben einer Immobilie anfallen?

In Österreich fällt bei jedem Erwerb einer Immobilie, unabhängig davon, ob ich sie kaufe, schenke oder erbe, immer Grunderwerbssteuer an.

Im Erbweg innerhalb der Familie kommt es zu einer Begünstigung. Es gibt einen steuerlichen Grundstückswert, davon fallen an Grunderwerbsteuer ein halbes Prozent von den ersten 250.000 € an Wert an. Bei den weiteren 150.000 € sind es 2%, alles darüber hinaus sind 3,5%.

Ansonsten beträgt die Grunderwerbssteuer, außerhalb der Familie, immer 3,5% vom Verkehrswert. 

Außerdem geht das Erben einer Immobilie mit einer sogenannten Eintragungsgebühr für das Grundbuch einher. Das Eigentumsrecht muss in das Grundbuch eingetragen werden, wofür noch einmal 1,1% anfallen. Auch in diesem Fall variiert die Bemessungsgrundlage – innerhalb der Familie, ist es nur der dreifache Einheitswert, außerhalb der Familie, ist es der normale Verkehrswert.

 

anwaltfinden.at: Was passiert, wenn sich die Erben auf keine dieser Möglichkeiten einigen können?

Dann wird zunächst, entsprechend der Erbquoten, die Verlassenschaft den Miterben eingeantwortet. Dadurch werden die Immobilie und sämtliche andere Verlassenschaftsgegenstände erworben. Das heißt, es entsteht an allen der Verlassenschaft zugehörigen Vermögenswerten Miteigentum. Das, was geteilt werden kann, wie zum Beispiel Geld und Kontovermögen, wird entsprechend der Quoten ausbezahlt.

Sollten sich die Erben nicht einigen können und es handelt sich um ein Auto, eine Liegenschaft oder eine Wohnung, die nicht geteilt werden können, ist das einzige Mittel eine sogenannte Erbteilungsklage bzw. bei Liegenschaften eine bloße Teilungsklage. Das ist das letzte Mittel, um zu erreichen, dass die Erbengemeinschaft aufgelöst wird.

   

anwaltfinden.at: Was raten Sie Erben, die gemeinsam eine Immobilie erben bzw. wie können Sie als Rechtsanwalt im Erbrecht diese unterstützen, eine passende Lösung für alle zu finden?  

Mein erster Rat ist, zu versuchen, ein allfälliges Immobilienvermögen bereits in der Verlassenschaft aufzuteilen, damit keine Miteigentumsgemeinschaft entsteht. Somit können ebenso Steuern – wobei es sich mitunter um erhebliche Beträge handeln kann – gespart werden.

Meine Unterstützung besteht einerseits in der Begleitung im Verlassenschaftsverfahren sowie im Aufsetzen und Abschließen eines sogenannten Erbteilungsübereinkommens mit den Erben. Andererseits unterstütze ich natürlich auch bei einem allfälligen Verkauf aus der Verlassenschaft als Vertragserrichter und der gerichtlichen Durchsetzung der Teilungsklage.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Ich freue mich, Sie in meiner Kanzlei in 1090 Wien begrüßen zu dürfen – Mag. Marcus Marakovics

 

Sie haben weitere Fragen im Erbrecht oder möchten sich bezüglich Ihrer Nachlassplanung rechtlich beraten lassen? Mag. Marcus Marakovics berät und vertritt Sie gerne. Für ein aufschlussreiches Erstberatungsgespräch kontaktieren Sie die Kanzlei in 1090 Wien. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt und Experte im Erbrecht Mag. Marcus Marakovics auf anwaltfinden.at.

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