Ein Hofübergabevertrag spielt vor allem dann eine Rolle, wenn der Übergeber seine Nachfolge bereits vor seinem Ableben regeln möchte. Welche Punkte in einem Hofübergabevertrag festgehalten werden sollten und worauf bei einer Hofübergabe im Allgemeinen zu achten ist, beantwortet Ihnen Mag. Dr. Norbert Winkler, Experte im Erb- und Vertragsrecht.
Ich bin seit 1999 selbstständiger Rechtsanwalt in Innsbruck. Mein Studium absolvierte ich ebenfalls in Innsbruck. Nach 18 Monaten Gerichtspraxis am Oberlandesgericht Innsbruck war ich 4 Jahre in Ausbildung in zwei renommierten Rechtsanwaltskanzleien in Innsbruck.
Zu meinen Schwerpunkten zählen Erbrecht und Vertragsverfassung, inklusive dem Grundverkehrsrecht, sowie das Bau- und Wohnrecht.
Hierbei muss man auf die individuellen Bedürfnisse der Mandanten achten und prüfen, welche Rechtsgrundlagen bereits vorhanden sind. Der erste Blick geht ins Grundbuch, um sich die Grundlagen bzw. Grundinformationen beschaffen zu können.
Welche Voraussetzungen müssen für die Vertragsabwicklung grundsätzlich erfüllt sein? In Tirol ist diesbezüglich eine grundverkehrs- und agrarbehördliche Bewilligung wesentlich. Ebenso gilt es zu prüfen, welche Belastungen mit dem jeweiligen Grundstück verbunden sind.
Darüber hinaus ergeben sich Fragen hinsichtlich des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans.
All diese Dinge müssen im Vorfeld abgeklärt und den Vertragsparteien gegenüber kommuniziert werden. Das Spannende an dem Thema ist, diese Fragen zu klären und auf die jeweiligen Bedürfnisse der Parteien einzugehen, um individuelle Lösungen zu finden. Darin besteht der Kern meiner Aufgabe.
Hierbei geht es zunächst darum zu klären, wer den Hof übernehmen soll, welcher der richtige Zeitpunkt ist und ob der Hof von einem Hofübernehmer oder vielleicht auch von einem Schwiegerkind übernommen werden soll. Bei Letzterem ist immer darauf Bedacht zu nehmen, was allenfalls bei einer Scheidung passiert. Außerdem sollte geklärt werden, was mit den Ansprüchen von weichenden Erben passiert.
Für den Übergeber ist die Vereinbarung eines Wohnrechts (Ausgedinge) wichtig. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Regelungen es gibt, sollte der Hofübergeber pflegebedürftig sein. Ist es gewünscht, dass der Übernehmer für die entstehenden Kosten aufkommt? Das war früher öfter der Fall, heute eher weniger.
Weiters gilt es Belastungs- und Veräußerungsverbote zu beachten. Darf der Hof zu Lebzeiten des Übergebers weder belastet noch veräußert werden? Das ist allenfalls Thema einer fideikommissarischen Substitution, bei der der Übernehmer seinerseits verpflichtet ist, den Hof an einen bestimmten Nachfolger zu übergeben bzw. bei der bereits der Übergeber festlegt, dass beispielsweise ein Enkel den Hof übernehmen soll. Das bedeutet wiederum eine erhebliche Verfügungseinschränkung gegenüber dem Übernehmer.
Wie sieht die steuerrechtliche Situation aus? Fallen beim Übergeber Steuern an? Besteht beim Übernehmer die Möglichkeit, Förderungen, etwa in Form des Neugründungs-Förderungsgesetzes, zu erhalten? Für Junglandwirte gibt es mitunter auch Förderungen, wie zum Beispiel Existenzgründungsbeihilfen.
All das gilt es mit einem Steuerberater abzuklären. Grundsätzlich gibt es für all diese Punkte eine eigene Checklist, die mit den Vertragsparteien besprochen wird.
In der Regel an die Kinder bzw. an ein Kind. Das Wesentliche bei der Übergabe ist, dass man auch mit den weichenden Kindern eine Vereinbarung trifft. Das ist das Um und Auf. Dadurch verlagert sich das Ganze nicht auf den Zeitpunkt des Erbfalls, sollte der Übergeber versterben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden nämlich die Ansprüche der weichenden Erben fällig.
Ein Hofübergabevertrag spielt vor allem dann eine Rolle, wenn der Übergeber seine Nachfolge bereits vor seinem Ableben regeln möchte. Es macht jedenfalls Sinn, wenn er eine ganz bestimmte Person im Auge hat, die er als Übernehmer einsetzen will. Ansonsten würde sich das Ganze – im Falle eines geschlossenen Hofes – auf das Tiroler Höfegesetz verlagern. Diesbezüglich gibt es sogenannte Erbteilungsvorschriften, die festlegen, welche Person zum Zuge kommen kann, was letztendlich aber vom Gericht festgelegt wird. Aus diesem Grund macht es Sinn, wenn der Übergeber eine bestimmte Person im Auge hat, den Hof bereits vor seinem Ableben an diese zu übergeben.
Genau, in Tirol gibt es das sogenannte Tiroler Höfegesetz, in Kärnten das Kärntner Erbhöfegesetz und für alle anderen Bundesländer gilt das Anerbengesetz. Diese ähneln sich zwar, besitzen aber in manchen Bereichen eigenständige Regelungen.
Das sind im Grunde genommen jene Punkte, die ich vorhin angesprochen habe.
Ja, das ist durchaus empfehlenswert. Man sollte aber jedenfalls die entsprechenden Vereinbarungen mit den Erben treffen, denn ansonsten verlagert sich das Ganze in ein Verlassenschaftsverfahren und das kann ziemlich kostenintensiv werden.
Bei einem geschlossenen Hof wird mithilfe eines Gutachtens ein Übernahmewert festgestellt. Von diesem erhalten die weichenden Erben entweder einen Erb- oder Pflichtteil, je nachdem, ob ein Testament vorhanden ist oder nicht. Bei diesem Übernahmewert, der die Ausgangsbasis für die Berechnung der Ansprüche ist, handelt es sich um eine Ertragswertrechnung und eine Verkehrswertrechnung. Das heißt, es ergibt sich ein Mischbetrag, der von eigenen Sachverständigen errechnet wird. Der Übernahmewert liegt in der Regel weit unter dem Verkehrswert.
Wenn der Erblasser den Hof schon vorab übergibt, haben die weichenden Erben einen entsprechenden Abfindungsanspruch an dem, was der Hof von diesem Übernahmewert ertragswertmäßig erwirtschaften kann. Eine Vereinbarung mit den weichenden Erben sollte im Übergabezeitpunkt getroffen werden, sonst verlagert sich dieses Thema auf den Zeitpunkt des Ablebens des Übernehmers. Bei den weichenden Erben ergeben sich des Öfteren Probleme mit dem Pflichtteil. Sie müssen ihren Pflichtteil mitunter klageweise geltend machen, weil die Verlassenschaft kein Vermögen mehr besitzt. Ich habe diesbezüglich schon mehrere Prozesse geführt, wobei es im Vorfeld vermieden werden sollte, dass es überhaupt zu einer solchen Situation kommt.
Das ist möglich, allerdings sieht das Tiroler Grundverkehrsgesetz Genehmigungsvoraussetzungen vor. Es muss daher eine Person sein, die nicht schon im Besitz eines geschlossenen Hofes ist und den übernommenen Hof auch selbst bewirtschaften kann. Das heißt, diesbezüglich müssen die fachlichen Voraussetzungen vorliegen oder die Bewirtschaftung anderweitig sichergestellt sein.
In den meisten Fällen wird der Hof jedoch innerhalb der Familie übergeben.
Ja, das ist ebenso möglich. Es kann testamentarisch darüber verfügt werden, wer der Anerbe sein soll. Wenn die gesetzliche Erbfolge eintritt, gibt es hingegen die Besonderheit des Tiroler Höfegesetzes mit den Erbteilungsvorschriften. Wenn es zwischen den gesetzlichen Erben zu keiner Einigung kommen sollte, entscheidet das Gericht über die Einsetzung eines Nachfolgers. Diesbezüglich müssen die fachlichen Voraussetzungen vorliegen und der Betroffene muss am Hof aufgewachsen sein und im Betrieb mitgewirkt haben.
Zum einen muss die Kommunikation zwischen Übergeber und Übernehmer und auch den weichenden Erben stimmen. Man muss das Ganze deutlich aussprechen und die Bedürfnisse der einzelnen Parteien klären. Dann kann die Angelegenheit erfolgreich geregelt werden.
Es muss klar sein, wer welche Aufgabenbereiche übernimmt, ob der Übergeber noch mitarbeiten möchte oder nicht und ob es eine Aufgabenverteilung gibt. Solche Dinge, die im täglichen Leben eine Rolle spielen, gilt es zu klären.
Indem ich all jene Fragen, so wie wir sie gerade besprochen haben, mit den Betroffenen abkläre. Ich schaue mir zunächst das Grundbuch und die betriebliche Situation an und gehe die von mir erstellte Checkliste durch. Eine gemeinsame Besprechung mit den allen Beteiligten ist unerlässlich, in der ich die persönlichen Bedürfnisse abkläre und Punkt für Punkt durchgehe, wie sich das künftige Zusammenleben auf dem Hof gestalten soll oder ob sich der Übergeber vollständig zurückzieht. Sobald all das geklärt ist, erstelle ich den dementsprechenden Vertrag.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Sie möchten Ihren Hof übergeben und sichergehen, dass hierbei alles friktionsfrei abläuft? Mag. Dr. Norbert Winkler unterstützt Sie zuverlässig und errichtet bzw. prüft alle nötigen Verträge. Vereinbaren Sie einen Termin zur Erstberatung in seiner Kanzlei in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt und Experte im Vertrags- sowie Erbrecht, Mag. Dr. Norbert Winkler, auf anwaltfinden.at.
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