Sehr gerne! Mein Name ist Dr. Georg Schuchlenz. Ich bin seit über 30 Jahren als Anwalt tätig, habe natürlich gewisse Schwerpunkte und einer davon ist das Erbrecht.
Die häufigsten Probleme sind verständlicherweise darin gelegen, dass der Tod eines nahen Angehörigen mit Schmerzen und Emotionen verbunden ist. Klares Denken ist hierbei oft gar nicht möglich.
Der Pflichtteil ist die Quote des gesetzlichen Erbteils. Der Erblasser kann grundsätzlich frei entscheiden, wem er was hinterlässt. Allerdings setzt das Pflichtteilsrecht seiner Testierfreiheit Grenzen.
Bestimmte Personen sollen, aufgrund ihrer besonders engen Beziehung zum Erblasser, jedenfalls am Vermögen teilhaben. Das Pflichtteilsrecht sichert einen Anteil an der Verlassenschaft für die Pflichtteilsberechtigten – das sind jedoch nur die nahen Familienangehörigen und dies baut auf der Familienerbfolge auf.
Der Pflichtteil kann somit als Brücke zwischen Testierfreiheit und Familienerbfolge verstanden werden.
Diese Frage beantwortet § 757 ABGB: Nachkommen sind der Ehegatte oder der eingetragene Partner des Verstorbenen sowie die Kinder, wenn diese verstorben sind, die Enkel usw.
Seit dem 01.01.2017 gelten die Eltern des Verstobenen jedoch nicht mehr als pflichtteilsberechtigte Personen.
Der Pflichtteil ist grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Das heißt, wenn man den Pflichtteil einer Person berechnen will, muss die gesetzliche Erbportion ermittelt werden.
Ein Beispiel: Die Gattin bekommt 1/3 als gesetzlichen Erbteil, die Kinder bekommen hierbei 2/3 – dementsprechend würden die Kinder als Pflichtteil 1/3 bekommen und die Ehegattin 1/6.
Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat, sind grundsätzlich nicht mehr in der Verlassenschaft. Da der Pflichtteil aber von der reinen Verlassenschaft berechnet wird, wird der Pflichtteil durch solche Zuwendungen gemindert. Ausgenommen sind Schenkungen, die das Stammvermögen nicht geschmälert haben, Schenkungen zu gemeinnützigen Zwecken und Schenkungen aus sittlicher Pflicht.
Es soll hierbei verhindert werden, dass der Erblasser (un-)bewusst zu Lebzeiten einzelne Pflichtteilsberechtigte ungebührlich bevorzugt und beispielsweise durch Schenkungen an Dritte die Verlassenschaft ausgehöhlt wird. Die Berechnung des Pflichtteils kann so mitunter recht kompliziert werden, da gewisse Schenkungen, die der Verstorbene zu Lebzeiten gemacht hat, Beachtung finden können.
Wenn sich der Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit oder zumindest zu einem längeren Zeitraum – etwa 20 Jahre – vor dem Tod nicht in einem Naheverhältnis, wie es zwischen Familienangehörigen gewöhnlich besteht, befinden, kann man den Pflichtteil um die Hälfte mindern.
Voraussetzung hierbei ist, dass die Betroffenen nicht zusammengelebt haben. Das gilt jedoch nicht, wenn das Naheverhältnis deshalb fehlt, weil der Verstorbene am fehlenden Kontakt schuld ist.
Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Pflichtteilsminderung – wenn sie gerechtfertigt ist – die Pflichtteilsansprüche anderer pflichtteilsberechtigter Nachkommen erhöht.
Der eigentliche Pflichtteilsanspruch bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch entsteht nur wenn der Verstorbene den Pflichtteil nicht durch Zuwendungen hinterlassen hat. Theoretisch wäre es hier möglich, dass der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil bereits zu Lebzeiten erhalten hat. Diese Situation kommt sehr oft vor!
Der Pflichtteilsberechtigte muss diesen Anspruch innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis geltend machen, wobei der Pflichtteilsanspruch mit dem Tod des Erblassers entsteht und nicht mit der Verlassenschaftsabhandlung.
Einerseits müssen sich die Pflichtteilsberechtigten die Sachen, die sie zu Lebzeiten des Erblassers bekommen haben, unbedingt anrechnen lassen. Hierbei sollten sie genau sein, detailreich festhalten und nichts verschweigen. Andererseits ist es wichtig zu wissen, wie der Pflichtteil berechnet wird, wenn es eine Vielzahl von Liegenschaften und Verbindlichkeiten gibt. Hier sollte man schauen, dass möglichst rasch alles inventarisiert und geschätzt wird.
Weiters hat der Pflichtteilsberechtigte selbst zum Vermögen meistens keinen Zugang. Es sei ihm somit geraten, dass er allenfalls mit rechtsfreundlicher Hilfe die Schätzung und Inventarisierung sofort veranlasst und zeitnah seine Pflichtteilsansprüche geltend macht. Ferner muss er sich überlegen, ob er nicht unter Umständen einen Pflichtteilsverzicht abgegeben hat.
Als Rechtsanwalt und außenstehende Person habe ich selbstverständlich nicht die Emotionen und den Schmerz, die meistens bei Erbrechtsangelegenheiten entstehen. Jedoch gehe ich mit der nötigen Sachlichkeit an diese Themen heran und möchte stets wirtschaftliche Lösungen, langwierigen Streitigkeiten voranstellen. Ziel liegt somit darin, mit sachlichem und wirtschaftlichem Verstand, eine gute Lösung suchen.
Ich nenne anhand zweier Tatsachen ein Beispiel:
In Österreich liegt die Quote von unehelichen Kindern bei ca. 40%, insbesondere Kärnten hat die meisten unehelichen Kindern. Ferner werden in ganz Österreich um die 50% der Ehen geschieden.
Geht es nun um eine Verlassenschaft, treffen oftmals Personen aufeinander – Kinder aus 1. oder 2. Ehe, neue Ehepartner bzw. Lebensgefährten etc. – die in der Vergangenheit eigentlich nichts miteinander zu tun hatten. Bei solchen recht komplexen Konstellationen, geht es dann oftmals nur um das reine Geld. Hier eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden, ist daher nicht immer leicht, da Emotionen und Neid leider eine große Rolle spielen. Unter diesen Umständen sollte man wahrlich an die Vernunft sämtlicher Beteiligter appellieren, damit die Verlassenschaft nicht im wahrsten Sinne des Wortes verprozessiert wird.
Genau! Die Beteiligten sind mitunter in ganz Europa oder auf der ganzen Welt verstreut. Es fehlt jeglicher Nahebezug und hierbei den Überblick über alle Erben sowie über die Vermögenslage zu behalten, ist in vielerlei Hinsicht äußerst kompliziert. Im Zuge dessen kann ich nur empfehlen, einen kompetenten Rechtsanwalt im Erbrecht hinzuzuziehen, welcher Ihnen gerne beratend zur Seite steht.
Herzlichen Dank für das Interview!
Die Berechnung des Pflichtteils sowie die Klärung der Frage, wer nun pflichtteilsberechtigt ist und wer nicht, kann oftmals zu einer komplexen Angelegenheit werden. Rechtsanwalt und Erbrechtsexperte Dr. Georg Schuchlenz unterstützt Sie gerne bei jeglichen Angelegenheiten in seiner Kanzlei in 9020 Klagenfurt. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt Dr. Georg Schuchlenz auf anwaltfinden.at.
Wenn Sie dieses YouTube/Vimeo Video ansehen möchten, wird Ihre IP-Adresse an Vimeo gesendet. Es ist möglich, dass Vimeo Ihren Zugriff für Analysezwecke speichert.
Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung