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Alterswohnsitz im Ausland: Was muss ich bei der Testament Erstellung beachten?

sdr

Den Lebensabend unter Palmen verbringen – davon träumen viele. Wer sich jedoch für einen Alterswohnsitz im Ausland entscheidet, sollte einiges beachten: Sollte noch vor Umsiedlung ein Testament aufgesetzt werden? Kann ausländische Erbschaftssteuer anfallen? Wie steht es um die Pflichtteilsregelung? Dr. Bernd Brunner, Experte für Erbrecht und Rechtsanwalt in Tulln an der Donau, fasst Wissenswertes rund um den Alterswohnsitz im Ausland zusammen.

anwaltfinden.at: Herr Dr. Brunner, bitte stellen Sie sich und Ihren Werdegang kurz vor.

Ich stamme aus Tulln an der Donau und habe an der Universität Wien studiert. Nach meiner Promotion zum Doktor der Rechte habe ich ein hochinteressantes Sommerprogramm mit dem Thema Einführung in das amerikanische Rechtssystem an der Yale University in New Haven, Connecticut, USA absolviert. Besonders beeindruckend war das individuelle Lehrangebot, welches eine solche amerikanische Privatuniversität bietet.

Danach habe ich meine Konzipientenzeit in Wiener Anwaltskanzleien verbracht. Schließlich bin ich jedoch zum Entschluss gekommen, in meiner Heimatstadt Tulln an der Donau eine eigene Kanzlei zu eröffnen. Hier habe ich nun seit bald 30 Jahren meinen Kanzleisitz. Ich bin Einzelkämpfer, das heißt, zusammen mit meinen beiden Sekretärinnen Ansprechpartner für die Klienten. Dadurch sind wir aber besonders gut erreichbar und können eine individuelle Betreuung unserer Mandanten gewährleisten.

 

anwaltfinden.at: In Ihrer Erfahrung: Was macht den Alterswohnsitz im Ausland so attraktiv?

Mit dem Pensionsantritt zählt man heute nicht mehr „zum alten Eisen“, sondern ist mit etwas Glück noch bereit für einen neuen Lebensabschnitt. Viele Menschen wollen diese Phase einfach nur genießen, einen Tapetenwechsel wagen und dem bisherigen Umfeld etwas Neues hinzufügen. Wenn es die Möglichkeiten erlauben, ist es sicher schön, seine Zeit am Segelboot in Kroatien, im Apartment auf Teneriffa oder in einer Seniorenresidenz in Thailand zu verbringen. Diese neue Perspektive kann für jeden attraktiv sein!

 

anwaltfinden.at: Was sollte in Hinblick auf Testament und Erbe vor Umsiedlung beachtet werden?

Die wichtigste Frage stellt sich dahin, ob es sich nur um längere Auslandsaufenthalte handeln oder der Lebensmittelpunkt tatsächlich ins Ausland verlegt werden soll. Neben den erbrechtlichen Auswirkungen ist besonders auf die Gesundheitsvorsorge ein Augenmerk zu legen. Für Ihr Testament und Erbe ist zu bedenken, welches Recht für die Verlassenschaft Anwendung finden soll. Grundsätzlich regelt das Internationale Privatrecht-Gesetz (IPRG), dass die Rechtsnachfolge von Todeswegen nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zu beurteilen ist. Als österreichischer Staatsbürger macht es somit keinen Unterschied, falls Sie im Ausland versterben sollten – für die Erbschaft gilt jedenfalls das österreichische Recht.

Mit der EU-Erbrechtsverordnung hat sich hier seit 2015 einiges verändert: Im Bereich der Europäischen Union (ausgenommen Dänemark, Irland und Großbritannien seit dem BREXIT) ist nicht mehr unbedingt das Personalstatut ausschlaggebend. Vielmehr gilt das Recht jenes Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das heißt, wer innerhalb des EU-Auslandes einen neuen Hauptwohnsitz aufschlagen will, muss sich im Klaren sein, dass das entsprechende ausländische Erbrecht Anwendung findet. Auch wäre somit das ausländische Gericht zuständig. Allerdings kann der Erblasser nach Artikel 22 der EU-Erbrechtsverordnung bestimmen, dass stattdessen das Recht jenes Staates angewandt wird, dem er zum Zeitpunkt seines Todes angehört. Somit besteht ein Wahlrecht zwischen dem Recht des Staates, in dem der hauptsächliche Aufenthalt besteht, und des „Heimatstaates“.

 

anwaltfinden.at: Die Europäische Erbrechtsverordnung: Wie wirkt sich diese auf die Testament Erstellung aus?

Prinzipiell gilt mit dieser Verordnung das (Erb-)Recht jenes Staates, in dem der gewöhnliche Aufenthalt besteht.  Wer dies nicht möchte, sollte im Testament daher unbedingt ausdrücklich anordnen, dass das Recht des Heimatstaates Anwendung finden soll.

 

anwaltfinden.at: Was sollte ich beim Testament bedenken, wenn sich mein Alterswohnsitz außerhalb Europas befindet?

Außerhalb der EU ist aus österreichischer Sicht das Internationale Privatrechtsgesetz (IPRG) zu beachten. Hier richtet sich die Zuständigkeit nach dem Personalstatut. Für österreichische Staatsbürger gilt also österreichisches Erbrecht, auch falls diese im Ausland versterben sollten.

Zu beachten ist hier jedoch, dass mitunter nicht alle Staaten gleichlautende Gesetze zum Internationalen Privatrecht und zur Anwendung des Erbrechts haben müssen. Zum Beispiel könnte in manchen ausländischen Staaten bestimmt sein, dass Grundbesitz oder Vermögen im Todesfall nach den dort geltenden Regeln zu vererben sind. Wer seinen Wohnsitz verlegen möchte, sollte daher unbedingt auch einen Anwalt vor Ort aufsuchen, um erbrechtliche Fragen vorab zu klären. Auch wenn nur regelmäßige längere Auslandsaufenthalte im selben Land geplant sind, ist eine Konsultation beim ortsansässigen Rechtsanwalt sicher empfehlenswert. Damit können Missverständnisse vorgebeugt werden und abgeklärt werden, inwieweit österreichisches Erbrecht gültig ist.

 

anwaltfinden.at: Gibt es steuerliche Aspekte (z.B. Erbschaftssteuer), auf die nicht vergessen werden darf?

In Österreich wird keine Erbschaftssteuer fällig, da diese schon seit Jahren aufgehoben wurde. Ich traue mich daher zu behaupten, dass die Anwendung österreichischen Erbrechts hier sicherlich kein Nachteil sein wird. Für etwaige Immobilien sind nur Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr für Grundbesitz, sowie die Kosten für das Verlassenschaftsverfahren zu berücksichtigen. In anderen Ländern ist dies nicht unbedingt der Fall, es kann nach wie vor teilweise sehr hohe Erbschaftssteuer anfallen. Bei ausländischem Immobilienbesitz ist in dieser Hinsicht somit Vorsicht geboten. Weiters kann es bei ausländischem Hauptwohnsitz und der Anwendung des ausländischen Rechts auch zu erheblichen steuerlichen Belastungen in Bezug auf österreichische Immobilien kommen.

Im Zweifel: Immer auch vor Ort einen auf das jeweilige Landesrecht spezialisierten Anwalt oder Steuerberater aufsuchen, um sich rechtzeitig zu erkundigen. Die EU-Erbrechtsverordnung gilt ausdrücklich nicht für Steuersachen.


anwaltfinden.at: Sollte ich mein Testament noch in der Heimat aufsetzen lassen?

Wo das Testament aufgesetzt wird, ist prinzipiell nicht ausschlagend. Viel wesentlicher ist innerhalb des EU-Auslandes, welches Recht in Bezug auf Testament und Verlassenschaft angewandt werden soll.

Falls österreichisches Recht Anwendung finden soll, ist es in Hinblick auf die EU-Erbrechtsverordnung vernünftig, die Rechtswahl auch schriftlich zu treffen. Im Testament sollte daher ausdrücklich festgehalten werden, dass eben österreichisches Recht eingesetzt werden soll und es sollte auch der Gerichtsstand vereinbart werden. In dieser Gerichtsstandvereinbarung sollte stehen, dass die Verlassenschaft im zuständigen österreichischen Heimatsgericht abgewickelt werden soll. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen dem anzuwendenden Recht und dem Gericht, bei dem das Verlassenschaftsverfahren stattfindet. Nur weil das Verfahren in Palma de Mallorca abgewickelt wird, heißt das nicht automatisch, dass spanisches Recht zum Einsatz kommt.

Es empfiehlt sich daher in allen Fällen und besonders, wenn Immobilien in Österreich vorhanden sind, das Testament bereits bei einem österreichischen Anwalt aufsetzen und auch im Testamentsregister einzutragen. Dann ist dieses jedenfalls auffindbar und es können Missverständnisse vermieden werden.

 

anwaltfinden.at: Pflichtteil: Macht es einen Unterschied, wenn sich mein Eigentum bzw. Vermögen im Ausland befindet?

Pflichtteilsrecht ist Teil der anzuwendenden Rechtsordnung. Das heißt, das Pflichtteilsrecht richtet sich nach dem gewählten Recht im Anwendungsbereich der EU-Erbrechtsverordnung, also hinkünftig bzw. aktuell nach meinem hauptsächlichen Aufenthalt. Die Rechtswahl ist somit auch für das Pflichtteilsrecht von essenzieller Bedeutung.

Soweit österreichisches Recht angewandt wird, gilt auch das österreichische Pflichtteilsrecht – unabhängig davon, ob sich das Vermögen im In- oder Ausland befindet. Genauso kommt aber bei einem hauptsächlichen Aufenthalt im EU-Ausland auch das dortige Pflichtteilsrecht zum Einsatz. Wer das umgehen will, muss ausdrücklich im Testament festhalten, dass österreichisches Recht gewählt wird und Anwendung finden soll. Somit besteht die Wahlmöglichkeit zwischen dem Erbrecht des Heimatstaats und des ausländischen Staates, in dem sich der aktuelle hauptsächliche Wohnsitz befindet.

 

anwaltfinden.at: Welche erbrechtlichen Schwierigkeiten gibt es beim Alterswohnsitz im Ausland? Wie kann ein Anwalt hier unterstützen?

Jede Person sollte sich einmal darüber Gedanken machen, was nach dem eigenen Ableben passieren soll, solange die vollständige Handlungsfähigkeit besteht. Welches Vermögen bzw. welche Immobilien sind vorhanden und wo liegen diese? Hierfür sollte ein spezialisierter Rechtsanwalt noch in Österreich aufgesucht werden. Mit einem ortsansässigen Anwalt sollte weiters geklärt werden, wie die Regelungen rund um Pflichtteil und steuerliche Belange aussehen. Alternativ kann auch der österreichische Anwalt beauftragt werden, sich hier zu informieren. Einen wesentlichen Unterschied macht aus, ob es sich beim Alterswohnsitz nur um einen Ferienwohnsitz oder einen ständigen hauptsächlichen Aufenthalt handelt. In der Folge kann kompetent entschieden werden, ob österreichisches oder ausländisches Erbrecht angewandt werden soll.


anwaltfinden.at: Haben Sie einen Tipp für unsere User, die ihre Pension gerne im Ausland verbringen möchten?

Stellen Sie sich möglichst früh bereits die Frage, ob Sie Ihren Hauptwohnsitz wirklich verlegen oder lieber nur längere Auslandsaufenthalte durchführen möchten. Hier würde ich auf alle Fälle bereits den Anwalt des Vertrauens für eine Konsultation heranziehen. In einem Beratungsgespräch kann dieser erkennen, ob Sie von der EU-Erbrechtsverordnung oder den Bestimmungen des IPR-Gesetzes betroffen sind. Mit diesen Informationen ist es dann wesentlich einfacher, die richtigen Entscheidungen und eventuelle Vorbereitungen zu treffen.

Mein Tipp: Falls Sie Ihre Pension im Ausland verbringen möchten, lassen Sie jedenfalls noch in Österreich ein Testament mit Rechtswahlbestimmung aufsetzen. Dieses sollte weiters unbedingt im Testamentsregister eingetragen werden, damit es bei einem Ableben im Ausland zu keinen Missverständnissen kommen kann. Bei Ihren Dokumenten sollte sich eine Gleichschrift dieses Testaments finden lassen. Es ist auch hilfreich, klärende Worte dazu zu finden, wo Ihr Lebensmittelpunkt gelegen ist und von welchen Vermögensgütern in Ihrem Testament die Rede ist, sofern dies nicht ohnehin ausdrücklich angeführt wird.

Vielen Dank für das Gespräch!


Dr. Bernd Brunner – Der erfahrene Erbrechtsspezialist und Rechtsanwalt an Ihrer Seite

Sie haben weiterführende Fragen zum Thema Alterswohnsitz im Ausland? Sie sind auf der Suche nach dem passenden Anwalt, der vor Umsiedlung steuerrechtliche Belange für Sie prüft? Oder Sie benötigen allgemeine Beratung rund um Testament und Erbe? Dr. Bernd Brunner unterstützt seit 1992 kompetent und persönlich in seiner Kanzlei in Tulln an der Donau. Gerne bietet er auch Ihnen ein klärendes Erstgespräch an! Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Bernd Brunner auf anwaltfinden.at

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