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Provision oder keine Provision? Zur Aufklärungspflicht des Maklers im Zusammenhang mit familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnissen!

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Die Form, die Rechtzeitigkeit und der Umfang der Aufklärung durch den Makler über ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis zum Verkäufer ist für den Makler und den Kunden gleichermaßen wichtig. Denn die „richtige“ Aufklärung entscheidet, ob der Makler seine Provisionsanspruch durchsetzen oder sich der Kunde die Vermittlungsprovision ersparen bzw. zurückfordern kann.

Praxisrelevanter Sachverhalt. Regelmäßig findet man in Inseraten inhaltsleere Standardklauseln, wie z.B. „Es wird darauf hingewiesen, dass zwischen dem Abgeber und dem Immobilienmakler ein wirtschaftliches bzw. ein familiäres Naheverhältnis besteht und der Immobilienmakler auch für diesen tätig ist (Doppelmakler). Eine weitergehende schriftliche Aufklärung über die Art des wirtschaftlichen bzw. familiären Naheverhältnisses erfolgt meist gar nicht oder erst nach der Unterzeichnung des Maklervertrages (z.B. als Bestanteil des Exposé). Genügt eine solcher Hinweis den Anforderungen des § 6 Abs 4 MaklerG?

Eigengeschäfte – wirtschaftliche oder familiäre Naheverhältnisse.  In § 6 Abs. 4 MaklerG wird zunächst eine Provision für „Eigengeschäfte“ ausgeschlossen. Darunter versteht man Geschäfte, die wirtschaftlich einem Vertrag zwischen dem Käufer und dem Makler gleichkommen. Ob ein „Eigengeschäft“ vorliegt, ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Die einzelnen Kriterien habe ich bereits im Blogbeitrag „Maklerprovision: Achtung Falle!“ dargestellt, sodass ich in diesem Blogbeitrag nicht näher darauf eingehe. Im dritten Satz des § 6 Abs. 4 MaklerG heißt es sodann: „Bei einem sonstigen familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen dem Makler und dem vermittelten Dritten, das die Wahrung der Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen könnte, hat der Makler nur dann Anspruch auf Provision, wenn er den Auftraggeber unverzüglich auf dieses Naheverhältnis hinweist“. Diese Bestimmung wirft einige Fragen auf: In welcher Form muss aufgeklärt werden? Wann ist die geforderter „Unverzüglichkeit“ gewahrt? In welchem Umfang muss aufgeklärt werden, oder reichen inhaltsleere Standardklauseln aus?

Was ist ein wirtschaftliches- oder familiäres Naheverhältnis? Ein Naheverhältnis kann aus Gründen einer familiären Beziehung zwischen Verkäufer und Makler oder einer wirtschaftlichen Verbundenheit zwischen Makler und Verkäufer vorliegen. Ein familiärer Ursprung liegt jedenfalls vor, wenn es sich um Verwandte in gerader Linie und Ehegatten handelt. Dieser Kreis der Verwandten kann erweitert werden, dabei wird auf die Nähe der Verwandtschaft und die Intensität der Beziehung abgestellt. Ob das Näheverhältnis relevant ist, wird danach beurteilt, welchen Zweck das Geschäft für den Makler hat. Ein wirtschaftliches Naheverhältnis liegt z.B. bei Geschäftsführertätigkeiten oder einer Gesellschafterstellung des Maklers beim Verkäufer vor. Eine wirtschaftliches Näheverhältnis kann aber auch durch eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen Makler und Verkäufer entstehen oder bestehen, wenn die Zusammenarbeit ein Ausmaß erreicht, bei der eine Gefährdung der Interessenabwägung zumindest möglich ist. Ein Naheverhältnis hat der OGH beispielsweise bei Schwesterngesellschaften von Verkäufer und Makler bejaht. Die Aufklärungspflicht wird weit interpretiert. Es genügt, dass Auftraggeber-Interessen beeinträchtigt werden könnten, dass also bei objektiver Betrachtung eine Beeinträchtigung dieser Interessen nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Dabei ist immer eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.

Form der Aufklärung. § 6 MaklerG stellt selbst keine Anforderungen an die Form der Aufklärung, allerdings ist diese Norm in Verbindung mit § 30b KSchG auszulegen, weshalb die Aufklärung gegenüber einem Verbraucher schriftlich zu erfolgen hat. § 30b KSchG ist einseitig zwingend und kann daher nicht zum Nachteil eines Konsumenten abgeändert werden. Für die Schriftlichkeit genügt die Erteilung der Information in bloßer Textform, Unterschriftlichkeit ist nicht notwendig. Gegenüber einem Unternehmer reicht auch eine mündliche Aufklärung, wobei aber auch hier aus Gründen der Beweisbarkeit eine schriftliche Aufklärung empfehlenswert ist.

Zeitpunkt der Aufklärung. Die Aufklärung hat „unverzüglich“ zu erfolgen. Was darunter zu verstehen ist, wird in der Literatur jedoch unterschiedlich definiert. Nach herrschender Meinung wird „unverzüglich“ dahingehend interpretiert, dass den Makler die Aufklärungspflicht vor Aufnahme seiner Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber trifft. Auch der OGH schloss sich dieser Meinung in der Entscheidung 1 Ob 201/07 a an. Abweichende Literaturmeinungen vertreten hingegen die Ansicht, dass der Makler den schriftlichen Hinweis erst zu einem Zeitpunkt erbringen muss, zu dem ihm dies auch wirklich möglich und zumutbar sei. Vor dem Hintergrund der oberstgerichtlichen Rechtsprechung sollte der Makler über ein Naheverhältnis bereits vor der Aufnahme seiner Maklertätigkeit aufklären, widrigenfalls er seinen Provisionsanspruch riskiert.

Umfang der Aufklärung. In der Praxis hat sich die „Unsitte“ entwickelt, dass Makler aus Vorsichtsgründen inhaltleere Standardklauseln bei (all) ihren Inseraten beifügen, in denen auf ein familiäres bzw. wirtschaftliches Naheverhältnis hingewiesen wird. Dies völlig unabhängig davon, ob ein solches Naheverhältnis vorliegt oder nicht. Nach einer (etwas älteren) Literaturmeinung ist ein bloß allgemein gehaltener Hinweis auf das Bestehen eines familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnisses nicht ausreichend, um über ein vorliegendes Näheverhältnis aufzuklären. Nach einer aktuelleren Lehrmeinung wird die Aufklärungspflicht hingegen als „reine Information“ gesehen und nicht als Vertragsbestimmung eingestuft. Daher sei diese Information nicht an § 6 Abs 3 KSchG oder § 879 Abs 3 ABGB zu messen. Der Zweck des § 6 Abs 4 MaklerG sei nur, dem Verbraucher das Naheverhältnis aufzuzeigen, das zwischen Verkäufer und Makler besteht. Dieses Verhältnis müsse aber nicht näher dargestellt werden, da von einem durchschnittlichen Verbraucher ohnedies nicht zu erwarten sei, komplexe gesellschaftsrechtliche Verbindungen zu durchblicken. Dieser Literaturmeinung ist aus meiner Sicht nicht zu folgen. Denn eine inhaltsleere Klausel, die bei Inseraten standardmäßig verwendet wird, um den Provisionsanspruch des Maklers „abzusichern“, kann wohl nicht ausreichend sein, widrigenfalls die Aufklärungspflicht des § 6 Abs 4 MaklerG ad absurdum geführt und völlig sinnentleert werden würde. Eine solche inhaltsleere Standardaufklärung widerspricht aus meiner Sicht auch dem Bestimmtheitsgebot des § 6 Abs 1 Z 11 KSchG, das Unternehmer gegenüber Verbrauchern einzuhalten haben, und würde eine verpönte Beweislastumkehr zulasten des Verbrauchers darstellen. Die von den Gesetzesmaterialien geforderte Schutz- und Warnfunktion wird durch eine solche inhaltsleere Standard-„Aufklärung“ gerade nicht gewahrt. Auch dass die Aufklärungsverpflichtung im Zusammenhang mit einem Maklervertrag nicht den vertragsrechtlichen Bestimmungen unterliegen soll erscheint reichlich konstruiert. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser praxisrelevanten Frage gibt es, soweit ersichtlich, noch nicht.

Praxisrelevanz. Die obigen Themen sind praktisch relevant. Denn Kunden müssen bei unzureichender oder verspäteter Aufklärung durch den Makler keine Provision bezahlen. Bereits bezahlte Provisionen können von Kunden zurückverlangt werden, wenn der Makler nicht rechtzeitig, nicht formgerecht oder inhaltlich nicht ausreichend aufgeklärt hat. Vor diesem Hintergrund ist für Makler eine rechtzeitige, formgerechte und ausreichende Aufklärung über ein bestehendes familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis wichtig, um ihren Provisionsanspruch zu wahren. Standardisierte und inhaltsleere Aufklärungsklauseln in Inseraten, die regelmäßig – und unabhängig vom Vorliegen eines tatsächlichen familiären und wirtschaftlichen Naheverhältnisses verwendet werden – entsprechen aus meiner Sicht gerade nicht dem Zweck des Gesetzes und sind daher nicht ausreichend. Für Makler ist es daher empfehlenswert, etwaige bestehende familiäre oder wirtschaftliche Naheverhältnisse transparent offen zu legen, wobei der Umfang der Aufklärung im Einzelfall abzustimmen ist (der OGH hat z.B. den Hinweis auf das Bestehen von Schwestergesellschaften als ausreichend erachtet).

Für eine entsprechende Beratung stehe ich gerne zur Verfügung.

Artikel verfasst von Dr. Franz A. Höfer, LL.M. / Matthias Löcker, LL.B.

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