Erneute Änderung der Rechtsprechung
zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen
Nachdem viele Vermieter im Jahr 2023 durch eine Entscheidung des OGH beunruhigt wurden, die einen Großteil der Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern nichtig erklärte, entstand durch ein VfGH-Erkenntnis 2025, in dem der VfGH die entsprechenden Paragrafen für verfassungskonform erklärte, eine regelrechte Panik bei Vermietern. Nun geht es bei diesem Thema in den dritten Akt, da der OGH in einem ganz aktuellen Urteil seine Rechtsansicht geändert hat. Die aktuelle Rechtsprechung sorgt für Erleichterung bei vielen Vermietern.
Der Auslöser für die unsichere Situation war eine OGH-Entscheidung aus dem Jahr 2023, mitwelcher der OGH ausgesprochen hat, dass viele der über Jahrzehnte üblichen Wertsicherungsklauseln sowohl gegen § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG als auch gegen § 6 Abs. 1 Z 5 KSchG verstoßen (OGH, 2 Ob 36/23t). Zu dieser Entscheidung und dem Erkenntnis des VfGH, der die einschlägigen Gesetzesstellen als verfassungskonform bestätigte, gibt es bereits einen ausführlichen Blogbeitrag, weshalb auf diese höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht mehr im Detail eingegangen wird.
In der Entscheidung des OGH vom 30.07.2025 (OGH, 10 Ob 15/25s) hat dieser die früher ergangenen Entscheidungen in dieser Angelegenheit verglichen und die unterschiedlichen Senate, die diese Entscheidungen erlassen haben, durchaus offen kritisiert und dies auch mit Stimmen aus der Literatur untermauert.
Zunächst widmete sich der OGH in dieser Entscheidung der Teilbarkeit von Klauseln. Der OGH bestätigte die Möglichkeit von eigenständigen Klauseln und hielt fest, dass dies nicht von der Gliederung des Vertragswerkes abhängig ist. Es können daher auch mehrere eigenständige Klauseln in einem Absatz vorkommen. Wenn eine davon als nichtig qualifiziert wird, bleiben die anderen Klauseln in Geltung. Der OGH sprach sich auch gegen ein vermeintliches Überraschungsmoment aus, da Mietzinse auch nach gesetzlichen Bestimmungen wertgesichert sind (beispielsweise § 16 MRG) und eine Wertsicherung per se daher nicht als unvorhersehbar oder überraschend zu qualifizieren ist.
Weiters setzte sich der OGH – und das ist der wesentlichste Teil der aktuellen OGH Entscheidung – mit der 2-Monats-Schranke des § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG auseinander. Der OGH hielt fest, dass diese beikorrekter Interpretation der Norm nicht auf längerfristige Schuldverhältnisse anwendbar sei, da diese Norm für Geschäfte gilt, bei denen die zu erbringende Leistung innerhalb von 2 Monaten zu erbringen ist. Dass innerhalb eines so kurzen Zeitraumes eine Kostensicherheit bestehen muss, ist weiterhin unstrittig. Der OGH führte aber aus, dass eine Anwendbarkeit des § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG auf Mietverhältnisse eine enorme Unbilligkeit darstellen würde, da aufgrund der Judikatur des EuGH zur Klauselrichtlinie die Konsequenz wäre, dass das Mietverhältnis ohne Wertsicherungsabrede fortlaufen würde und der Mieter Beträge, die er aufgrund von Wertanpassungen bezahlt hat, bereicherungsrechtlich zurückfordern könnte, was insbesondere bei einem kündigungsgeschützten unbefristeten Mietverhältnis unverhältnismäßig wäre.
Dass § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG nicht auf Mietverträge anwendbar ist, kann auch durch das jüngste Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH, G 170/2024-17, G 37- 28/2025-11) nicht entkräftet werden, denn der OGH ist bei der Auslegung eines Gesetzes im Bereich des Zivilrechts nicht an den VfGH und dessen Erkenntnisse gebunden. Die Norm mag daher dem VfGH zufolge verfassungskonform sein, durch die neue Rechtsprechung des OGH ist sie aber nicht (mehr) auf Mietverträge anwendbar.
Was sind nun die Auswirkungen dieser neuen OGH-Entscheidung?
Die größte Veränderung, die diese Entscheidung mit sich bringt, ist die Nichtanwendbarkeit des § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG auf Mietverträge. Damit behalten Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen ihre Gültigkeit, auch wenn eine Indexierung in den ersten zwei Vertragsmonaten nicht explizit ausgeschlossen wurde. Durch diese Entscheidung ist daher ein großer Teil der Wertsicherungsklauseln – im Gegensatz zur bisherigen OGH-Rechtsprechung der letzten Jahre – doch gültig. Bereits bezahlte
Mietzinserhöhungen können von den Mietern daher nicht zurückgefordert werden.
An der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Z 5 KSchG hat die neue Entscheidung allerdings nichts geändert. Ist eine Wertsicherungsklausel daher nicht so ausgestaltet, dass die Miete nicht nur steigen, sondern auch sinken kann, und dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt, ist sie auch nach der aktuellen OGH-Entscheidung nichtig und darauf gestützte Mietzinserhöhungen können vom Vermieter zurückgefordert werden.
Sollten Sie sich als Mieter nicht sicher sein, ob eine in Ihrem Mietvertrag enthaltene
Wertsicherungsklausel gültig ist und ob Sie die Mietzinserhöhungen der letzten Jahre zurückfordern können, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Wir unterstützen gerne auch Vermieter bei der Überprüfung der verwendeten Mietverträge. Gerne sind wir auch bei der Erstellung von Wertsicherungsklauseln behilflich, die der aktuellen Rechtsprechung entsprechen.
Artikel verfasst von: Dr. Franz A. Höfer, LL.M. / Matthias Lö cker, LL.M
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